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So sehen Sieger aus: Eldar Gasimov (l.) and Nigar Jamal in Baku.

Foto: REUTERS/David Mdzinarishvili

Ell & Nikki sind zurück, heute morgen auf dem Flughafen des Präsidentenvaters Haidar Alijew in Baku gelandet, Kristallstatue im Gepäck. „Running scared" ist natürlich ein unglücklicher Titel für einen Eurovisions-Siegersong, der aus einem autokratisch regierten Staat kommt. Aber die Liebe, so weiß man, bezwingt am Ende alle, auch prügelnde Polizisten und Betonkopf-Funktionäre. Platz eins für Aserbaidschan ist deshalb ein Investment in die Zukunft. Daran muss man glauben.

Präsident und Gattin ließen sich Sonntag den Telefonhörer reichen und sprachen mit Düsseldorf. Das Sängerpaar dankte artig, die Nachrichtenagentur in Baku schnurrte: „Eldar Gasimov und Nigar Jamal drückten ihre tiefe Dankbarkeit gegenüber dem Präsidenten von Aserbaidschan, Ilham Alijew, und dessen Ehefrau Mehriban Alijew für die Unterstützung, Aufmerksamkeit und Betreuung aus, die sie auf dem Weg zum Sieg erhielten." So soll das auch sein.

Die letzten zwei Eurovisions-Vögelchen sind nach vollzogener Darbietung auf der Bühne in die Staatspartei YAP eingetreten. Safura Alizadeh (Platz 5 für „Drip Drop", 2010), jetzt schon 18 Jahre alt, bekam eine prima DVD über Leben und Wirken von Haidar Alijew zusammen mit ihrer Parteikarte, Aysel Teymurzadeh (Platz 3 für „Always", 2009), 21 Jahre, erklärte sich ebenfalls sehr stolz über die Mitgliedschaft in der Neuen Aserbaidschan Partei. An Gasimov/Jamal wird Sport-, Jugend- und Eurovisionsminister Azad Rahimov also auch bald herantreten. Die YAP braucht junge Sieger, keine Studenten mit unschönen politischen Ideen.

Letztere waren natürlich konsterniert über den Ausgang des Eurovisionscontest, aber doch auch ein bisschen angetan von dem weichgespülten Duo. „Jetzt sucht Europa hysterisch auf der Karte nach Aserbaidschan", twitterte Ali Novruzov, einer der wichtigsten Internetaktivisten der demokratisch denkenden, jungen Aserbaidschaner. Novruzov fand Georgien besser, aber bitte. Die kritische Intelligenz im Land sorgt sich nun über die drohende Propaganda-Kampagne für das Alijew-Regime. Nächstes Jahr wird der Sangeswettbewerb in Baku ausgetragen, das heißt also, dass Armenien eher nicht hinfährt. Eine Chance für eine politische Entspannung und die anti-armenische erzogene Generation nach 1989 wäre es allerdings.

Armenien, Aserbaidschan und Eurovision sind ohnehin ein gefährliches Dreieck. Bei Andrej Malachows Shows „Lasst sie reden" (Пусть говорят) auf dem Ersten Kanal des russischen Fernsehens ist vergangene Woche dummerweise die armenische Flagge gezeigt worden, als der aserbaidschanische Eurovisionsbeitrag analysiert wurde. Das Delikt ist bei Minute drei und zehn Sekunden. Als Aserbaidschaner aber für den armenischen Beitrag bei der Eurovision zu stimmen, macht richtig Probleme: 2009 kamen 43 Aserbaidschaner auf eine Liste des Innenministeriums, weil sie auf ihrem Mobiltelefon dem Feind die Punkte gaben. Einer von ihnen wurde verhört, das Eurovisionspräsidium machte sich auch große Sorgen, sah aber von einem zeitweisen Ausschluss Aserbaidschans ab. Wer weiß, ob Ell & Nikki dann noch durch Baku gelaufen wären - „running scared", getrieben von der Liebe oder den Alijew-Schergen.