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Generationenwechsel bei der FDP: Der neue Wirtschaftsminister Philipp Rösler (li.) übernimmt nach zehn Jahren die Partei von Guido Westerwelle. Dieser bleibt weiterhin Außenminister.

Foto: Jens Büttner dpa/lmv

Der künftige Chef sitzt gar nicht in der ersten Reihe. Ganz hinten am Podium hat Philipp Rösler Platz genommen, fast als wolle er sich verstecken. Es ist auch nicht angenehm, was der neue Fraktionschef Rainer Brüderle gleich zu Beginn des Parteitages konstatiert: „Unsere Partei befindet sich in einer schweren Krise."

Der Freitag wurde ohnehin erst gegen Ende zu Röslers Tag, als er mit 95,08 Prozent zu Westerwelles Nachfolger gekürt wurde. Zu Beginn des dreitägigen Erneuerungspartei_tages war noch einmal Guido Westerwelle dran, der die FDP zehn Jahre lang führte. „Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt", hat er bei seiner Antrittsrede im Mai 2001 kämpferisch gerufen.

Jetzt ist er gekommen, um sich zu verabschieden. Zu groß war der Druck nach den verlorenen Wahlen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März geworden. „Westerwelle muss weg", lautete danach der Tenor an der Basis.

Als es in der Rostocker Messe so weit ist, sind die Delegierten mucksmäuschenstill. Westerwelle, dem oft Arroganz vorgeworfen wurde, gibt sich selbstkritisch: „Ich stehe zu jedem Fehler, und entschuldige mich auch für jeden Fehler." Etwa, dass die FDP seit Regierungseintritt 2009 vieles nicht habe durchsetzen können. Dennoch gelte für die vergangenen zehn Jahre: „Wir haben mehr richtig als falsch gemacht."

Zum Abschied verspricht Westerwelle seinem Nachfolger Rösler noch: „Ich werde ihm nicht ins Lenkrad greifen." Dann lächelt er noch einmal in den Saal und sagt: „Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der die Sache regelt. Und das bin jetzt nicht mehr ich." Die Delegierten sind begeistert. Sieben Minuten spenden sie Standing Ovations, der laute Applaus will kaum enden, Westerwelle ist gerührt, wirkt aber auch erleichtert.

Rösler hat Mühe, sich Gehör zu verschaffen. Er überreicht Westerwelle die Skulptur „Europa und der Stier" und sagt: „Das eigentliche Geschenk, dass wir dir schuldig sind, ist der Respekt vor deiner Leistung, deiner Person und deinem Amt als Außenminister."

Zumindest an diesem Parteitag ist klar: Westerwelle bleibt Außenminister. Zwar wurden harte Abrechnungen mit ihm angekündigt. Doch dann erklärt Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef von Schleswig-Holstein und einer der schärfsten Kritiker Westerwelles: „Wir wollen mit Westerwelle noch Wahlen gewinnen, und werden mit ihm Wahlen gewinnen." Widerspruch wagt da keiner mehr.

Aus der FDP-Führungsriege scheidet Westerwelle jedoch aus. Rösler bekommt drei Vizevorsitzende: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ex-Fraktionschefin Birgit Homburger und Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow. (Birgit Baumann aus Rostock, STANDARD-Printausgabe, 14./15.5.2011)