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Keine neuen Grenzkontrollen in Dänemark, sondern alte: Im Dezember 2009 wurden 500 Sonderpolizisten an die deutsch-dänische Grenze geschickt, um den EU-Gipfel von Kopenhagen zu schützen.

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Dänemark will nun doch nicht dauerhafte Grenzkontrollen zu Deutschland einführen: "Die Meldung war falsch. Richtig ist, dass dort Zollkontrollen verstärkt durchgeführt werden, und das geschieht in Übereinstimmung mit dem Schengen-Abkommen", erklärte die neue Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Donnerstag am Rande ihres ersten EU-Ministerrates in Brüssel. Das habe der dänische Kollege klargestellt.

Meldungen, wonach die dänische Minderheitsregierung auf Druck der rechtsnationalen Partei die Grenzen wieder dicht machen wollten, hatten seit Donnerstagabend europaweit für Aufregung gesorgt. Die EU-Kommission erklärte in Brüssel, dass sie einen Bruch des Abkommens, das die Offenheit der Grenzen und die Kontrollen regelt (siehe Wissen), keinesfalls akzeptieren werde.

Proteste gab es aus dem Europäischen Parlament, wo der CDU-Abgeordnete Elmar Brok ein "knallhartes Durchgreifen" verlangte - gegen Dänemark, um die Personenfreizügigkeit in der Union zu garantieren. Und die EU-Innenminister erklärten unisono, dass sie zwar einer temporären Einführung von Grenzkontrollen bei außergewöhnlichen Bedrohungen etwas abgewinnen können, nicht aber einem Schließen der Grenzen.

Darabos gegen Kontrollen

In Österreich sprach sich Verteidigungsminister Norbert Darabos gegen "generelle" Grenzkontrollen aus. Die grüne Abgeordnete Alev Korun kritisierte den "blinden Schengen-Aktionismus". Der FPÖ-Abgeordnete Andreas Mölzer hingegen sieht Dänemark auf dem richtigen Weg, "Sicherheit müsse vor Reisefreiheit gehen".

Beim EU-Innenministertreffen in Brüssel hatte der "Schock" aus Dänemark jedenfalls sein Gutes. Anders als in den vergangenen Tagen, wo es aus vielen Hauptstädten einfach hieß, die Grenzkontrollen müssten wegen der ankommenden Flüchtlinge aus Nordafrika zeitweise verschärft werden können, bemühte man sich nun, die Worte präzise abzuwägen und zweierlei deutlich zu machen.

Nicht an Schengen rütteln

"Am Schengen-Abkommen soll nicht gerüttelt werden. Es soll gestärkt werden", sagte etwa Mikl-Leitner. Es ginge nicht darum, die bestehenden Regeln zu ändern. Sie erlauben den Nationalstaaten schon jetzt, in bestimmten Fällen und auf Zeit Grenzkontrollen wiedereinzuführen. Nein, Ziel sei es, gegebenenfalls "neue Elemente" einzuführen, die ein Eingreifen ermöglichen, sollte ein Schengen-Mitgliedsland "seiner Verantwortung nicht nachkommen", erklärte Mikl-Leitner. Der feine, aber entscheidende Unterschied: Im ersten Fall geht es darum, dass ein einzelnes Land tätig wird, ohne die anderen oder die EU-Kommission um Erlaubnis zu fragen.

Im zweiten, nun angedachten Fall, ginge es darum, dass mehrere Staaten an einer "Grenzkrise" beteiligt sein müssen, und dann auch ein europäisches Gremium entscheidet was geschieht bzw. die Maßnahmen prüft.

Hintergrund: Da mit dem EU-Vertrag von Lissabon nicht mehr die EU-Innenminister allein über Gesetzesänderungen entscheiden können, sondern das EU-Parlament mitentscheidet, muss ein - schwieriger - Konsens gefunden werden. Die Parlamentarier betonen die Freiheit, die Innenminister die Sicherheit. Laut Mikl-Leitner sei über ein entsprechendes umfangreiches Ideenpaket, das die Kommission vorgelegt habe, gesprochen worden. Konkrete Beschlüsse habe es nicht gegeben, die kämen erst im Juni oder gar erst beim nächsten EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs.

EU-Außengrenzen sollen gestärkt werden

Die Innenminister seien sich aber im Grunde einig, dass es neue Möglichkeiten temporärer Kontrollen geben solle, und die Kommission habe auch erstmals zugestanden, dass es einen Zusammenhang zwischen Migration und Kriminalität gäbe. Dazu müsse man eine Balance finden.

Deutschland und Frankreich schlugen vor, dass dafür ein "Lenkungsausschuss" der EU-Innenminister gebildet werden soll. Offenbar ohne Vertreter der Kommission. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström schwebt vor, dass diese Kontrollbehörde europäisch, nicht national, eingerichtet werde. Stärken wollen die EU-Innenminister "Frontex", also die EU-Grenzen nach außen. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2011)