Linz - Für die Jugendwohlfahrt habe sich auch nach neuerlicher Beurteilung der Situation nichts geändert, meint deren Sprecher. Wenn Elfriede Dallinger und Dietmar Janoschek kommenden Montag in die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land kommen, werden sie wieder die Auskunft erhalten: Für eine Adoption sind sie leider nicht geeignet.

Das blinde Paar, das auf natürlichem Weg keinen Nachwuchs bekommen kann, möchte ein ebenfalls blindes Kind aus Bulgarien aufnehmen. Nun ist eine Klage in Vorbereitung. Wegen Verstoßes gegen das Antidiskriminierungsgesetz des Landes Oberösterreichs und gegen das österreichische Gleichbehandlungsgesetz will das Paar die Bezirkshauptmannschaft vor Gericht bringen.

"In körperlicher und psychischer Hinsicht sind meine 45-jährige Lebensgefährtin und ich geeignet, ein Kind zu adoptieren", beruft sich der 40-Jährige auf ein Gutachten des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Linz. Auch habe eine Sozialarbeiterin nach dem Besuch des Paares "nichts gefunden", was gegen eine Adoption sprechen könne. Dallinger und Janoschek wohnen in Traun in einer Doppelhaushälfte, er hat einen festen Job mit geregeltem Einkommen, sie kümmere sich um das Eigenheim.

Kein konkreter Grund

Dennoch: Die psychologische Gutachterin der Jugendwohlfahrt gelangte nach drei Treffen zu der Überzeugung, das blinde Paar solle kein Kind adoptieren. Ende Dezember 2010 lag die negative Stellungnahme im Briefkasten in Traun. "Bis heute weiß ich nicht, warum", beschwert sich
Janoschek. Denn die Gründe, die gegen eine Adoption sprechen, waren in dem Schreiben nicht angeführt. Deshalb ging das Paar jetzt in die Offensive, denn es ist der Überzeugung, nur deshalb für eine Adoption nicht infrage zu kommen, "weil wir blind sind".

Janoschek und Dallinger nahmen sich einen Rechtsbeistand und wandten sich an Behindertenanwalt Erwin Buchinger. Auch er gelangt zu dem Schluss, dass es sich bei der Entscheidung der Jugendwohlfahrt, um eine "glatte Diskriminierung" halte. Das sieht die angegriffene Behörde freilich anders. "Der Fall wurde individuell entschieden. Natürlich musste die Tatsache, dass das Paar nicht sehen kann, berücksichtigt werden", erklärt der Jugendwohlfahrtssprecher. Aber das sei nicht der ausschlaggebende Grund für das Nein zur Adoption gewesen.

Wegen der Einzigartigkeit des Falles - bisher ist weder in Österreich noch in Deutschland eine Adoption unter diesen Umständen bekannt - habe sich die Jugendwohlfahrt die Entscheidung nochmals angeschaut. Es blieb dabei: "Ein gedeihliches Aufwachsen eines Kindes" könne nicht
sichergestellt werden.

Der Adoptionsantrag von Dallinger und Janoschek wird wohl ein Präzedenzfall vor Gericht. Sie wollen im Ernstfall bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. (Kerstin Schelle, DER STANDARD, Printausgabe, 13.5.2011)