Poröse Struktur eines kalkigen Sandkorns: Hier finden Mikroorganismen eine Heimat.

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Bremen - "Die Wüste lebt" hieß ein Klassiker des Naturdokumentarfilms aus dem 50er Jahren - und auch unter Wasser ist Sand alles andere als totes Material. Sand ist aber nicht gleich Sand, wie Wissenschafter des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenökologie und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie bei Untersuchungen im Roten Meer feststellten.

Der Meeresboden mit seinen sandigen Sedimenten bildet ein wichtiges Habitat für Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze, Archaeen und Viren. Durch den Abbau abgestorbenen organischen Materials gewährleisten die winzigen Sandbewohner, dass wesentliche Nährelemente wie Nitrat oder Phosphat den Rifforganismen schnell wieder zur Verfügung stehen. In den sehr nährstoffarmen Riffgewässern sind diese Stoffe eine Mangelware und wichtig für neues Wachstum.

Unterschiedliche Lebensräume

In vielen Korallenriffen kommen allerdings sehr unterschiedliche Sande vor. Das Forscherteam um Christian Wild und Alban Ramette untersuchte ein küstennahes Saumriff des Roten Meeres auf Art und Anzahl der Bakterien im Sandboden. Im untersuchten Riff findet man einerseits kalkhaltige Sande, die von den zerriebenen Körperpanzern von Organismen wie Muscheln, Schnecken, Seeigeln und Korallen stammen. Andererseits gibt es dort auch silikathaltige Sande, die durch die Verwitterung von Gesteinsschichten entstehen und meist vom Land ins Meer eingewaschen werden. Die Wissenschafter konnten nachweisen, dass die Bakteriengemeinschaften in Abhängigkeit von der Mineralstruktur der Sedimente stark variieren: Beide Sandarten stellen aufgrund der Oberflächenbeschaffenheit ihrer Körner ganz unterschiedliche Lebensräume für Mikroorganismen dar.

So bieten die porösen kalkigen Sande den Mikroorganismen eine besonders große Besiedlungsfläche sowie Schutz vor mechanischer Gewalteinwirkung und Fressfeinden. Durch die Spalten und Zwischenräume kann Sauerstoff und organischer Abfall auch in tiefere Schichten vordringen und sie für Bakterien bewohnbar machen - früheres Leben bildet somit die Grundlage für gegenwärtiges. Diese Sedimente sind in der Lage, organisches Material sehr schnell abzubauen und Nährsalze freizusetzen, die wichtig sind für das Wachstum vor allem von Kleinstalgen. Im Riff stehen diese am Beginn der Nahrungskette.

Silikatsande hingegen besitzen eine sehr glatte Oberfläche. Daher stellen sie eine geringere und komplett andere Besiedlungsfläche für Mikroorganismen zur Verfügung und sind weitaus weniger produktiv in der Aufbereitung von Nährstoffen. Die Bremer Forschungen sind Teil der Bemühungen, das komplexe - und weitgehend sich selbst erhaltende - Ökosystem Korallenriff besser zu verstehen; auch um etwaigen Gefährdungen effektiver begegnen zu können. (red)