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Um Ausschreitungen autonomer Gruppen zu verhindern, schickten die Behörden ein Großaufgebot von Polizisten in das Stadtzentrum von Athen. Vor gut einem Jahr waren dort drei Bankangestellte getötet worden.

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Gegen mehrere Dutzend linksgerichtete Demonstranten setzte die Polizei in Athen Tränengas ein.

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Der griechische Verkehr steht wegen Streiks gegen weitere Sparmaßnahmen vorerst still. Auch im Hafen von Piräus legt keine Fähre ab.

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Die Gewerkschaften werfen der Regierung vor, mit ihrem Kurs die Wirtschaft kaputt zu sparen. Die Wirtschaftsleistung ging im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent zurück und wird 2011 wohl um weitere drei Prozent schrumpfen. Die Arbeitslosigkeit erreichte im Januar die Rekordmarke von 15,1 Prozent.

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Die Menschen glauben laut Meinungsforschern, dass das Konsolidierungsziel nicht erreicht werden könne und der Weg nicht effektiv sei. Kostas Panagopoulos: "Das ist eine brisante Mischung."

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Athen - Fähren standen still, Züge fuhren nicht, der Luftverkehr war zeitweise unterbrochen: Der zweite Generalstreik in diesem Jahr aus Protest gegen die Sparpläne der Regierung hat das öffentliche Leben in Griechenland am Mittwoch erneut lahmgelegt. Nach Polizeiangaben gingen allein in Athen und in Thessaloniki etwa 20.000 Menschen auf die Straße, dabei kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

Die Demonstranten folgten einem Aufruf der Gewerkschaften, um gegen die geplanten Privatisierungen und Einschnitte im Staatshaushalt zu protestieren. "Wir haben bereits vor einem Jahr gesagt, dass die Maßnahmen der Regierung ungerecht sind und vorhergesagt, dass sie keinen Effekt haben werden", erklärte der Chef der Gewerkschaft GSEE, Yiannis Panagopoulos. GSEE-Generalsekretär Stathis Anestis, die Sparmaßnahmen würden ausschließlich die Arbeitnehmer treffen und nicht diejenigen, die von der Wirtschaftskrise profitiert hätten.

Am Rande der Ereignisse klang diese Agenturmeldung es wie ein verspäteter Aprilscherz: Griechenland hat laut der Athener Zeitung "Ta Nea" nach jahrelangen Debatten ein Projekt zum Bau eines Formel-1-Kurses in Farres, rund 20 km von der Hafenstadt Patras entfernt, bewilligt. Die Kosten dafür sollen rund 94 Millionen Euro betragen, die Bauzeit wurde mit drei Jahren angesetzt. "Von diesem Kurs wird vor allem der Westen Griechenlands profitieren", wurde Apostolos Katsifaras, der Präfekt der betreffenden Region, von "Ta Nea" zitiert.

Rettungspaket versus striktes Sparprogramm

Griechenland hatte vergangenes Jahr ein 110 Milliarden Euro schweres Rettungspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Anspruch genommen und sich einem strikten Sparprogramm verschrieben. Tausenden Griechen wurden Gehälter und Renten gekürzt, viele verloren ihre Arbeit. Um den riesigen Schuldenberg von rund 340 Milliarden Euro abzutragen, soll Athen nach bisherigen Vorgaben in drei Jahren 26 Milliarden Euro einsparen.

"Sie wollen unsere sozialen Rechte unterdrücken, für die wir jahrzehntelang gekämpft haben", sagte ein 46-jähriger Demonstrant, der in der IT-Branche tätig ist. Es gehe ausschließlich darum, "Banken und Banker" zu retten. "In meiner Firma gab es allein im Jänner hundert Entlassungen, unsere Gehälter wurden um 15 Prozent gekürzt, und es wird noch mehr kommen."

Durch den Generalstreik wurden sowohl die Fährverbindungen vom Festland auf die griechischen Inseln als auch der Zug- und öffentliche Nahverkehr eingestellt. Die griechischen Fluggesellschaften Olympic Air und Aegean strichen Dutzende In- und Auslandsverbindungen. Auch die öffentliche Verwaltung sowie Schulen und Krankenhäuser wurden bestreikt. Zeitungen, Radio und Fernsehen stellten ihre Arbeit für 24 Stunden ein.

Tränengas und Festnahmen

Als der Protestzug zum Parlament in Athen zog, begannen jugendliche Demonstranten mit Steinen zu werfen, Schaufensterscheiben zu zertrümmern und Mülltonnen anzuzünden. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Demonstranten vor. Mindestens sieben Menschen wurden Berichten zufolge verletzt. Ein junger Mann ist durch einen Schlag auf den Kopf lebensgefährlich verletzt worden, gaben Ärzte des Krankenhauses der Athener Vorstadt Nikaia bekannt. Er wurde am Nachmittag operiert, wie es hieß. Die Polizei sprach von fünf Festnahmen.

Gewaltausbrüche wie vor einem Jahr blieben aber aus. Die Behörden hatten ein Großaufgebot von Polizisten in das Stadtzentrum geschickt, um Ausschreitungen autonomer Gruppen zu verhindern. Am 5. Mai 2010 waren am Rande einer Demonstration drei Bankangestellte getötet worden, nachdem ein Sprengsatz in ihr Büro geschleudert wurde. Der Generalstreik ist bereits der neunte seit dem Beginn der griechischen Finanzkrise.

IWF und EU prüfen Haushaltslage

Seit Dienstag halten sich Finanzexperten von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds in Athen auf, um die Haushaltslage Griechenlands zu prüfen.  Da aber eine Rückkehr zur eigenständigen Finanzierung an den Kapitalmärkten derzeit unmöglich scheint, soll Athen nach Medienberichten ein weiteres Hilfspaket im Umfang von bis zu 60 Milliarden Euro erhalten. Damit soll ein drohender Staatsbankrott abgewendet werden. Folgen wären noch härtere Auflagen als bisher.

Frankreich schließt Umschuldung aus

Für Frankreich sind neue Hilfszusagen für das hochverschuldete Griechenland noch keine beschlossene Sache. "Bisher ist keinerlei Entscheidung gefallen. Die Regierung (in Athen) muss zuerst ihre eigenen Ressourcen mobilisieren", sagte Finanzministerin Christine Lagarde in einem Interview der Tageszeitung "Le Figaro". Vor allem müsse das Privatisierungsprogramm schnell umgesetzt werden.

Die Möglichkeit einer Umschuldung der griechischen Verbindlichkeiten sieht Lagarde weiter nicht. "Wir schließen das absolut aus - in welcher Form auch immer". Außer Frage stehe auch ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone. "Es liegt mir sehr daran, die Investoren zu beruhigen", sagte Lagarde. Sollten weitere Hilfen für Griechenland notwendig sein, sei die EU gerüstet.

Österreichische Tranche im Juni fällig

Die Republik Österreich wird Ende Juni die nächste Tranche ihrer Griechenland-Kredite überweisen - aus heutiger Sicht wird diese 153 Mio. Euro betragen, wie aus dem Finanzministerium zu hören ist. Wien hat bis dato 1,2 Mrd. Euro überwiesen, der gesamte Österreich-Anteil beläuft sich auf 2,3 Mrd. Euro - bisher. Sollte die EU - wie seit Dienstag spekuliert wird - auf das 110-Milliarden-Paket noch einmal 50 bis 60 Mrd. Euro drauflegen müssen, würde dies für Österreich eine "weitere Milliarde" bedeuten, schätzt der Wiener Wirtschaftsprofessor Fritz Breuss im "Kurier".

Finanzministertreffen nächste Woche

Beim Treffen der Finanzminister der Euro-Zone am kommenden Montag (16. 5.) soll die Lage in den Euro-Krisenstaaten umfassend diskutiert werden. Gegen eine Umschuldung Griechenlands sprechen nach Einschätzung Lagardes vor allem die Nebenwirkungen einer solchen Maßnahme. "Die Restrukturierung von Schulden eines Staates würde eine so negative Nachricht an die Märkte senden, dass die gesamte Eurozone darunter leiden würde", sagte die Ministerin. Für alle Eurostaaten würden die Refinanzierungskosten steigen. Zudem müsste die Europäische Zentralbank (EZB) hohe Verluste auf ihre griechischen Anleihen verkraften.

Kapitalmarkt rechnet schon mit Schuldenschnitt

Noch schließen EU-Kommission, EZB und Politiker von EU-Mitgliedsstaaten eine Umschuldung mittels Schuldenschnitt oder großen Fristerstreckungen kategorisch aus. Banken und Kapitalmarkt rechnen aber mit einem solchen Szenario, zeigen die Zinsen auf Griechenland-Bonds: Für die zweijährigen Anleihen wird nach wie vor eine Verzinsung mehr als 25 Prozent verlangt - doppelt so viel wie für irische Anleihen. (APA/red)