Rückzugsort im Heu: In Petrit Halilajs Arbeit spielt oft Biografisches hinein. Auf der Art Basel wird er Erde aus dem Kosovo aufschütten, Land schaffen.

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Mühldorf/Wachau - Der Reiz der Alpen war verblasst, die französische Pleinairmalerei en vogue: In den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts führten die Professoren für Landschaftsmalerei der Wiener Akademie, Robert Russ und Eduard Peithner von Lichtenfels, ihre Schüler in die Wachau. Alte Gemäuer und Kirchtürme, knorrige Rebstöcke und Obstgärten fanden ihren Weg ins Bild. Jedoch, das Interesse der Malerei an der lieblichen Romantik ist inzwischen längst verblüht.

Heute liegt man eher im grünen Gras als es in Aquarellfarben aufs Papier zu pinseln. Vier Künstler hat man im Rahmen des Projekts Struktur & Organismus für eine Woche nach Mühldorf (bei Spitz an der Donau) gebracht, denn die Tourismusoffensive "Wachau 2010plus" will die zeitgenössische Kunst wieder in der Region verankern.

Bei der Präsentation der Projekte in einem 1300 Quadratmeter großen Marillengarten liegt Sommerfrischenstimmung in der Luft, ein Hauch von Manets Frühstück im Grünen für gestresste Städter: Picknick und die Seele baumeln lassen zwischen Obstbäumen.

Das Geriss um die bunten indischen Plastikteppiche, die Max Frey sozusagen als Kontemplations- und Entschleunigungsinseln anbietet, ist groß. Auch Rita Vitorellis Blick richtete sich auf das, was da ist: Bei einem ihrer ersten Besuche waren die Äste noch nackt. So entstand die Idee für ihre in die Baumspreizen getackerten Leinwände.

Konzeptueller der Ansatz von Tue Greenfort: Nahe der Destillerie, die aus der Marille Whisky brennt, führt er den Energiewert von Alkohol vor Augen. Den Jahresalkoholkonsum von Herrn/Frau Österreicher füllte er in Reinform in eine Flasche. Nach und nach werden Kalorien-Tagesrationen abgezapft und verbrannt. Poetisch die Arbeit von Petrit Halilaj: Der im Kosovo geborene Künstler schichtete einen traditionellen Heuhaufen auf und schuf darin ein Versteck: In seiner Heimat gruben sich Liebespaare Höhlen in die Heuschober, um dort ungestört zu sein. Kunst also, die mit und in die Natur lockt. (Anne Katrin Feßler/DER STANDARD, Printausgabe, 11. 5. 2011)