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Mitarbeiter des Gerichtsmedizinischen Instituts in Salzburg obduzierten den Leichnam am Montag ein zweites Mal. Ergebnisse der toxikologischen Analyse lagen Montag noch nicht vor.

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Linz/Graz - Es sei "eigentlich alles gesagt, was zu sagen ist". Die zunehmend schlechte Verfassung ihres Kindes sei auch darauf zurückzuführen gewesen, dass den Aussagen zu den Gründen seines Leides nicht geglaubt wurde, ist ihre Mutter überzeugt. An der Glaubwürdigkeit ihrer Tochter bestehe kein Zweifel.

Ihr Kind verstarb vergangene Woche in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in der Linzer Landesnervenklinik Wagner Jauregg. Warum die 17-jährige Dauerpatientin nicht mehr aus einem therapeutischen Tiefschlaf erwachte, beschäftigt jetzt die Staatsanwaltschaft Linz. Montagnachmittag wurde der Leichnam zum zweiten Mal obduziert.

Das Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung, welche die Chefin der Gerichtsmedizin Salzburg, Edith Tutsch-Bauer, durchführte, wollte man am Montag vonseiten der Staatsanwaltschaft Linz nicht preisgeben. "Wir haben noch ein toxikologisches und ein chemisches Gutachten in Auftrag gegeben. Erst wenn diese Ergebnisse vorliegen, wird es von unserer Seite eine Stellungnahme geben", erklärt Rainer Schopper, Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz, auf STANDARD-Anfrage.

Das Mädchen sorgte bereits im September 2010 für Schlagzeilen. Nach einem Suizidversuch sagte sie im Spital in Linz, dass sie im Alter zwischen fünf und zwölf bei ihren Großeltern von diesen und zwei Nachbarn, darunter einem pensionierten Richter, sexuell missbraucht und brutal gequält worden sei. Die vier Verdächtigen wurden in Untersuchungshaft genommen und nach einigen Wochen wieder freigelassen. Ein psychiatrisches Gutachten attestierte dem Mädchen, sie hätte sich die Jahre des Missbrauchs falsch eingebildet. Ihre Mutter forderte ein zweites Gutachten. Der Fall war noch nicht abgeschlossen. Die einzige Zeugin ist nun aber tot.

"Gerade in so einem Fall ist eine gerichtsmedizinische Untersuchung generell zu empfehlen", meint dazu die Leiterin der Gerichtsmedizin der Uni Heidelberg, Kathrin Yen im STANDARD-Gespräch. Dass die Leiche gleich im Spital obduziert wurde, wundere sie, sagt Yen. Schließlich könne man "mit einer gerichtsmedizinischen Obduktion entlasten und Klarheit schaffen". Beim Spitalsbetreiber Gespag steht man den Untersuchungen gelassen gegenüber. "Unsere Vorgehensweise war völlig korrekt. Nach mehreren Suizidversuchen wurde das Mädchen in Absprache mit der Mutter in einen therapeutischen, künstlichen Tiefschlaf versetzt. Die Patientin wurde zwar auf Schritt und Tritt beobachtet, zuletzt hätten diese Maßnahmen jedoch nicht mehr ausgereicht", erklärt Gespag-Sprecherin Jutta Oberweger.

Kritik am Krankenhaus gibt es jetzt dennoch. Einerseits wurde der Vorwurf laut, die Klinik hätte keine Selbstanzeige erstattet. Oberweger: "Das Spital hat die Pflicht zur Anzeige unter zwei Voraussetzungen. Erstens muss ein Sterbefall angezeigt werden, wenn die Todesursache nicht eindeutig feststeht, und zweitens auch dann, wenn Fremdverschulden nicht auszuschließen ist.

Keine moderne Methode

Kritik wurde auch an der Therapiemethode laut. Schlafkuren wie diese seien früher gemacht worden. Heute gebe es Psychopharmaka, gab Michael Lehofer - Leiter der Sigmund-Freud-Klinik in Graz - in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" zu bedenken. "Das ist keine Methode, die wissenschaftlich-medizinisch vertretbar ist", meint Lehofer.

Oberweger kontert. "Solche Zurufe sind eine hochgradige Frechheit und absolut entbehrlich." Das Mädchen sei an einer massiven Leberschädigung und einem daraus resultierenden Hirnödem verstorben. (Markus Rohrhofer/Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Printausgabe, 10.5.2011)