Ein Kriegsveteran auf der Suche nach Erlösung: Robert De Niro als Travis Bickle in "Taxi Driver" - eine der zentralen Rollen des heute 67-jährigen Schauspielers.

Foto: Sony

Grover Crisp macht alte Filme möglichst authentisch neu verfügbar.

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Isabella Reicher sprach mit ihm über technischen Fortschritt und filmhistorische Genauigkeit.

Standard: Ist es richtig, dass Sie mit dem Originalfilmmaterial von "Taxi Driver" arbeiten konnten?

Crisp: Ja, wir konnten als Erste die originalen Kameranegative benutzen. Frühere DVDs hatten anderes Ausgangsmaterial.

Standard: Es handelt sich aber um die Kinofassung von 1976?

Crisp: Ja, "deleted scenes" und Ähnliches existiert meines Wissens nicht wirklich. Martin Scorsese hat damals in sehr engem Rahmen gedreht und geschnitten. Es war ja quasi ein Low-Budget-Film, niemand glaubte, an etwas Historischem zu arbeiten - schon gar nicht das Studio. Das hat sich natürlich verändert, sobald Taxi Driver veröffentlicht wurde.

Standard: Sie sind seit den 1980ern für Columbia, später Sony, tätig. Waren Sie von Anfang an Archivar?

Crisp: Ich war schon immer ein Kinonarr. Fürs Studio war ich zuerst bei neuen Filmen fürs Rohmaterial zuständig. Allmählich habe ich begonnen, an der Filmsammlung und -konservierung zu arbeiten. Es gab diesen Beruf ja nicht, die wenigsten Studios hatten Konservierungsprogramme. Sony hat Columbia 1989 übernommen und das sehr unterstützt: Die Sammlung war ein wichtiger Faktor für den Erwerb des Studios, im Hinblick auf Sonys künftige DVD-Veröffentlichungen und das Unterhaltungselektronikprogramm.

Standard: Analoge und digitale Medien existieren immer noch parallel - wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Crisp: Vor rund zehn Jahren, bei Panic Room von David Fincher, haben wir unseren ersten digitalen Zwischenträger hergestellt. Inzwischen durchlaufen so gut wie alle Filme, egal worauf sie gedreht wurden, eine digitale Postproduktion. Und es gibt am Ende immer noch eine Filmkopie: als Backup und zur Sicherung, aber auch, weil es weltweit immer noch Kinos gibt, die nur Film projizieren. Das wiederum ändert sich gerade ganz rasant, vor allem durch das Auftauchen von 3-D.

Standard: Angesichts immer kürzerer Lebenszyklen von Datenträgern - wird Blu-ray nicht in absehbarer Zeit auch abgelöst?

Crisp: Die Zukunft kann ich nicht vorhersehen, aber im Zusammenhang mit Flachbildschirmen oder HD-Kanälen kommt Blu-ray gerade richtig. Blu-ray schafft zum ersten Mal den Eindruck einer Kinoerfahrung, während man vorher eine Video-Repräsentation davon hatte. Die neuen technischen Möglichkeiten sind tatsächlich ein Ansporn zu restaurieren: Wir können das Bild digital säubern, eine hochauflösende Version herstellen - und wir stehen in dieser Hinsicht so gut da wie noch nie.

Standard: In welchem Ausmaß war Martin Scorsese persönlich an der Blu-ray-Erstellung beteiligt?

Crisp: Wir versuchen immer, den Regisseur so weit als möglich einzubeziehen, um dem Original möglichst nahezukommen, selbst wenn es nur um Details geht. Wir versuchen auch, mit den Kameraleuten zu arbeiten, im Fall von Taxi Driver waren also Michael Chapman und Marty beteiligt.

Standard: Gibt es auch Regisseure, die Änderungen an der ursprünglichen Fassung eines Films anbringen wollen?

Crisp: Das ist mir einmal mit einem Kameramann passiert. Ein ästhetischer Standpunkt kann sich ändern, in diesem Fall ging es um einen Technicolorfilm aus den 60ern, er hätte die Farben gerne abgedämpft. Wir haben uns aber darauf geeinigt, dass es darum geht, die Filme so hinzukriegen, dass sie nicht nur qualitativ, sondern auch filmhistorisch stimmen. Taxi Driver soll wie ein Film aussehen, der 1976 gemacht wurde. Wir haben beispielsweise das Original-Columbia-Logo am Anfang gelassen, auch wenn es sehr hässlich ist, matt und körnig. Doch so wurde der Film damals herausgebracht, und solche Entscheidungen sind wichtig. Über das Aussehen dieses Logos wird sicher geredet werden, darüber, weshalb wir es nicht ersetzt haben. Eben weil es einen Unterschied gemacht hätte, nicht authentisch wäre - und das charakterisiert auch unseren generellen Zugang ganz gut. (Isabella Reicher, DER STANDARD/Printausgabe 10.5.2011)