Rom setzt auf Härte und pocht auf gemeinsame EU-Lösung

Italiens Innenminister Roberto Maroni will am Donnerstag in Brüssel erneut auf einer gemeinsamen EU-Lösung für das akute Flüchtlingsproblem bestehen. Italien rechnet in den kommenden Wochen mit etwa 50.000 Flüchtlingen aus Libyen. Maroni hat auch neue Bestimmungen zur Abschiebung illegaler Einwanderer angekündigt.

Der Europäische Gerichtshof hatte vor zehn Tagen die in Italien praktizierte Verhaftung illegaler Migranten für ungesetzlich erklärt. Maroni hatte das Urteil als unbefriedigend kritisiert, da "auch in anderen EU-Ländern Haftstrafen für illegale Einwanderer vorgesehen" seien. Die EU-Richtlinie riskiere, Ausweisungen in der Praxis unmöglich zu machen. Die Abschiebung werde so "in eine schlichte Aufforderung verwandelt, Italien innerhalb einer Woche zu verlassen".

Nach dem Urteil ordneten viele Gerichte die Entlassung illegaler Einwanderer aus der Haft an. Italien will seine Gesetzgebung nun der Entscheidung des EU-Gerichtshofs anpassen, aber die sofortige Abschiebung illegaler Immigranten beibehalten.

2009 ist in Italien das sogenannte Sicherheitspaket in Kraft getreten, das den Kampf gegen die illegale Einwanderung und die Kriminalität verschärft hat. Wer illegal nach Italien einreist oder sich dort illegal aufhält, muss dem Gesetz zufolge 5000 bis 10.000 Euro Geldstrafe zahlen. Ausländer, die weiterhin ohne Aufenthaltstitel in Italien bleiben, landen im Gefängnis. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, Printausgabe, 10.5.2011)

Berlin schwankt zwischen Reisefreiheit und neuen Schranken

Die Deutschen sind ein reiselustiges Volk, seit Jahren werden sie als "Reiseweltmeister" bezeichnet. Das wissen auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle (FDP).

Daher halten die beiden in der aktuellen Debatte die Fahne der Reisefreiheit hoch. "Den großen Wurf Schengen wollen wir in der Bundesregierung ausdrücklich verteidigen", ließ Merkel ihren Regierungssprecher Steffen Seibert ausrichten. Und Westerwelle erklärte: "Wenn man das Schengen-System verbessern kann, dann ist das gut und dann soll man es auch tun. Aber die Reisefreiheit in Europa ist eine so wichtige Errungenschaft, die darf nicht zur Disposition stehen." So ganz will man sich dem französisch-italienischen Vorschlag aber auch nicht verschließen - schließlich gibt es auch viele Deutsche, die einen Massenansturm von Flüchtlingen aus Nordafrika fürchten. Also erklärt Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), es sei "denkbar" bei "außergewöhnlichen Ereignissen", wieder Grenzen zu kontrollieren.

Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass mehrere deutsche Gerichte Abschiebungen von Deutschland nach Italien gestoppt haben, auch wenn die Flüchtlinge von dort kamen. Begründung: Die "Mindestnormen" der EU würden bei der Betreuung in Italien nicht erfüllt. So hat es auch im Fall Griechenland begonnen. Im Jänner 2011 setzte das deutsche Innenministerium für ein Jahr Abschiebungen dorthin aus. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, Printausgabe, 10.5.2011)