Investoren blicken derzeit skeptisch auf Österreich. Experten machen dafür mangelnden Anlegerschutz und die geringe Kapitalmarkttiefe verantwortlich.

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Anlegerschutz, Corporate Governance und Kapitalmarkttiefe - alles Bereiche, die laut einer Ernst&Young-Studie in Österreich noch ausbaufähig sind. Die Wirtschafskrise sehen Unternehmer als vergangen an.

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Wien - Für internationale Investoren ist der österreichische Kapitalmarkt offenbar nicht sehr attraktiv. Das zeigt der "Global Venture Capital and Private Equity Country Attractiveness Index", den Ernst&Young seit 2007 jährlich mit der IESE Business School der Universität in Navarra erstellt. Der Index prüft Punkte wie wirtschaftliche Attraktivität, Kapitalmarkttiefe, Besteuerung, Anlegerschutz und Corporate Governance sowie den Arbeitsmarkt und das soziale Umfeld wie Unternehmenskultur und Transaktionsmöglichkeiten.

Österreich liegt im Ranking auf Platz 22 (von 80 Ländern) und hat sich damit zwar einen Platz im Vergleich zu 2007 verbessert. "In den Detailergebnissen werden jedoch die Problemfelder in Österreich deutlich", erklärt Gerhard Schwartz, der beim Wirtschaftsprüfer Ernst & Young den Bereich Transaction Advisory Services Österreich leitet.

So hat sich die Kapitalmarkttiefe (vor allem bei Börsengängen und im M&A-Bereich) verschlechtert. Zur Erinnerung: Heuer gab es an der Wiener Börse mit der Amag erst einen Börsengang, den ersten seit 2007. Auch beim Kreditmarkt hat Österreich schwächer abgeschnitten. Nur der geringere Anteil an faulen Krediten (Non-Performing-Loan) bei heimischen Banken habe ein noch negativeres Ergebnis verhindert.

Eine "besorgniserregende Verschlechterung" gab es im Bereich Anlegerschutz und Corporate Governance - Österreich fiel von Rang 14 auf 17 zurück. Als Gründe nennt Schwartz die vielen noch immer gerichtsanhängigen Klagen und Verfahren (Stichwort Meinl European Land, Amis, Immofinanz etc.), Malversationen wie bei AvW-Invest oder der Kärntner Hypo sowie den fehlenden behördlichen Durchgriff.

Im Gesamtranking des "Attraktivitätsindex" liegen die USA, Großbritannien und Kanada auf den vorderen drei Plätzen. Die Anziehungskraft der Schwellenländer wie Brasilien oder China nimmt zu. Die Gründe dafür liegen in der erhöhten wirtschaftlichen Aktivität, den verbesserten Kapitalmarktsystemen und den institutionellen Strukturen.

Rückkehr zum Normalmodus

Geht es nach den Unternehmern, dann ist die Wirtschaftskrise offenbar kein großes Thema mehr. 33 Prozent der weltweit tätigen Manager sind der Meinung, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise in ihrer Branche zu Ende ist. Für 17 Prozent ist die Krise generell vorbei. Da geht aus dem "Capital Confidence Baromter" hervor, für das Ernst & Young im März weltweit 1100 Entscheider in Großunternehmen befragt hat.

Dass der Anteil jener, die glauben, die Krise sei grundsätzlich vorbei, angestiegen ist, führt Schwartz auf die leichter gewordenen Bedingungen auf der Investitionsseite zurück. "Die Liquiditätskrise ist vorbei", fasst Schwartz zusammen.

Diese Einschätzung spiegelt sich auch in den Ergebnissen wider. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) geben an, dass sich die Bedingungen für den Kapitalmarkt verbessert haben. Für 38 Prozent der befragten Manager stellt der Zugang zum Kapitalmarkt kein Problem mehr dar. "Die Unternehmen schalten vom Krisenmodus zurück auf den Normalmodus", sagt Schwartz zum Standard.

In der Wahrnehmung verändert hat sich auch das Wachstum, das zuletzt oft über Zukäufe stattgefunden hat. Für fast 50 Prozent der Unternehmer hat das organische Wachstum nun wieder höchste Priorität. Das sind fast doppelt so viele wie vor 18 Monaten. Schwartz: "Es wurde erkannt, dass man sich mit großen M&A-Deals (Mergers & Akquisitions, Anm.) auch Schulden aufhalst, die für viele Unternehmen in der Krise zur Belastung geworden sind."

Dennoch erwarten 18 Prozent in den nächsten sechs Monaten einen Aufwärtstrend bezüglich der M&A-Übernahmen. Das Problem: Die Kluft zwischen den Erwartungen der Käufer und Verkäufer ist auf 50 Prozent angestiegen - das könnte sich auf die Anzahl und Größe der Deals auswirken. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.5.2011)