Wenn vernünftige Menschen wie der Chef des Euro-Rettungsschirms, Klaus Regling, oder der Präsident der Europäischchen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, in Bank-Bashing verfallen, dann weiß man, dass sie wohl hypernervös sind. Vergangene Woche behaupteten die beiden, die Spekulationen rund um eine Umschuldung Griechenlands würden von den Banken geschürt, weil die sich von einer solchen Maßnahme hohe Provisionseinnahmen erwarten. 

Wie bitte? Auch zahlreiche Ökonomen, unabhängige Analysten und Zeitungskommentatoren rechnen immer fester damit, dass Griechenland um einen Schuldenschnitt nicht herumkommen wird, weil der jetzige Sparkurs das Land immer tiefer in die Rezessions- und Schuldenfalle führt, aus der es keinen Ausweg gäbe. Bezahlen würden eine solche Umschuldung die Gläubiger Griechenlands, und das sind in erster Linie die Banken. Und die sollen genau das, was ihnen Milliarden kosten würde, herbeireden?

Aber wie gesagt,   bei so großer Nervosität sollte man nicht jedes Wort auf die Waagschale legen.  Offenbar macht sich auch in der EU-Spitze die Erkenntnis breit, dass der Kurs zu Griechenland nicht zu halten sein wird, dass sich irgendetwas ändern muss – und das sehr rasch.

Und in diese Situation platzt Der Spiegel mit dem Bericht, dass auf europäischer Ebene bereits ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone und die Wiedereinführung einer eigenen Währung diskutiert werden.

Die heftigen Dementis sollten nicht überraschen. Wäre ein solcher Schritt geplant, dann müsste man ihn bis zum letzten Augenblick dementieren, um eine Panik in den Finanzmärkten zu vermeiden. Aber wie wahrscheinlich ist ein Austritt Griechenlands?

Völlig ausgeschlossen ist es nicht, denn durch die Wiedereinführung der Drachme zu einem viel niedrigeren Wechselkurs könnte Griechenland sehr rasch aus der Krise finden – vorausgesetzt, dass das Land einen deutlichen Schuldenschnitt erhält oder von sich aus seine Euroschulden nicht mehr bezahlt. Die Kombination von massiver Schuldenreduktion und Abwertung ist das Patentrezept für hochverschuldete Länder mit schwachem Wachstum.

Deshalb tritt auch der angesehene Ifo-Chef Hans-Werner Sinn inzwischen unverhohlen für einen Austritt Griechenlands aus dem Euro ein. Dies wäre das „kleinere Übel“ als jene brutale Deflation, die Griechenland andernfalls zur Wiedererringung der Wettbewerbsfähigkeit brauchen würde, sagte er laut Frankfurter Allgemeinen SonntagszeitungDenn das letztere könnte zum Bürgerkrieg führen.

Allerdings wäre eine solche Währungsumstellung höchst riskant. Sie würde eine Flucht aus griechischen Banken und wahrscheinlich ein völlig Finanzchaos auslösen. Und Griechenland hätte mit einem Schlag alle Vorteile, die es durch den Euro seit 2002 errungen hat, weggeworfen. Sogar die EU-Mitgliedsschaft würde dadurch infrage gestellt.

Und auch wenn weder Portugal noch Irland mit Griechenland vergleichbar sind und deshalb für diese Staaten die Argumente für einen Euro-Austritt viel schwächer sind, besteht die Gefahr, dass ein griechischer Exit weitere Staaten mit sich reißen und damit die gesamte Währungsunion gefährden würde.

Eine ausverhandelte Umschuldung wäre die weitaus weniger radikale Maßnahme. Die griechische Wirtschaft könnte weiterlaufen wie bisher, bloß die Finanzierung der Staatsschulden wäre deutlich leichter. Immer noch müsste Griechenland seine Lohnkosten deutlich senken und die Staatsausgaben reduzieren, hätte aber dafür einige Jahre Zeit.

Niemand kann derzeit genau sagen, wie diese verschiedenen Szenarien ausgehen würden. Ein Austritt aus einer Währungsunion wäre ein Experiment, aber ebenso die Sanierung eines entwickelten Industriestaates durch Umschuldung bei Beibehaltung eines festen Wechselkurses. Aber gesamt betrachtet ist ein griechischer Euro-Austritt genauso unwahrscheinlich wie die angekündigte Fortsetzung des jetzigen Kurses – also harte Sparbudget verbunden mit weiterer Finanzierung der Staatsschulden durch EU und IWF ohne Beteiligung der Gläubiger.

Mein Tipp: Die Umschuldung kommt, vielleicht schon in wenigen Tagen, vielleicht erst gegen Jahresende. Eine Wiedereinführung der Drachme wäre erst dann realistisch, wenn auch der Schuldenschnitt Griechenlands Lage nicht verbessert.