Mortal Kombat (NetherRealm Studios/ Warner Bros. Interactive Entertainment) ist für PlayStation 3 und Xbox 360 erschienen

Foto: Warner Bros. Interactive Entertainment
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Es wird neben Kultspielen wie "Doom" oder "GTA" in einem Satz genannt, wenn es um besonders gewaltreiche Spielinhalte geht. Und tatsächlich dürfte ein großer Brocken des Kults rund um "Mortal Kombat" von den rollenden Köpfen und Bildschirm füllenden Blutfontänen rühren. Dabei wird aus Sicht eines Außenstehenden leicht übersehen, dass das Beat'em'up von Erfinder Ed Boon und John Tobias von Beginn an neben Genregrößen wie "Street Fighter" nur bestehen konnte, weil es auf ein grundsolides Spielgerüst baute.

Lang vermisste Qualitäten

Doch wie es so vielen populären Franchises ergeht, erlebte der gefürchtetste aller Kinderschrecken über die vergangenen zwei Jahrzehnte (Debüt 1992) mit nicht weniger als 8 Nachfolgern und drittklassigen Verfilmungen eine qualitative wie thematische Verwässerung. Der neunte Teil von "Mortal Kombat" wurde vor zwei Jahren als Neuanfang angelegt. Die Fangemeinde verlangte nach einer Rückkehr zu den alten Stärken des klassischen 2D-Gameplays sowie nach einer noch dramatischeren Inszenierung inklusive Mundwinkel verziehenden "Finishing Moves" (Hinrichtungen), welche die Serie schon immer von der jugendfreundlicheren Konkurrenz abhob. Kurz gesagt: Das gealterte Splatter-Publikum wollte frischen Stoff für seine abgestumpften Sehnerven.

Bis die Tasten glühen

Für die Rückkehr der ikonisch-übermenschlichen Turnierkämpfer rund um Sub-Zero, Scorpion und Raiden wurde die Steuerung dem "Tekken"-Schema angepasst, um Einsteigern den Zugang zu vereinfachen. Für Fortgeschrittene ließ man sich zusätzlich ein System zur Sammlung von Energie einfallen, das die Entladung von Kombos in drei unterschiedlichen Stärken ermöglicht. Jeder der 26 Charaktere unterscheidet sich durch seine Spezialfähigkeiten (vom Giftschleim bis zum Vereisungsstrahl), auf der PlayStation 3 mimt Kratos (God of War) einen säbelhaften Gastauftritt.

Für den pubertierenden Jungen im Mann

Bei der Inszenierung wurde mit Amputationen, Wirbelsäulendissektionen und Ganzkörperspaltungen keine Grauslichkeit ausgelassen, um das in der Pubertät stehengebliebene Spielerherz zum Zwischentakt zu bewegen. Die in 3D gezeichneten Charaktere und Hintergründe wurden mit viel Liebe zum Detail und präzise genug gestaltet, um ein abgerissenes Schlüsselbein von einer herausgerissenen Rippe unterscheiden zu können. Damit niemanden über die Art der jeweilis hervorgerufenen Fraktur im Dunkeln gelassen wird, schaltet die Kamera zeitgerecht in den Röntgenblick um - "knack".

Kitsch und Quatsch

Was nach einer Unterrichtsstunde für angehende Unfallchirurgen klingt, ist aber tatsächlich nicht mehr als eine stark überschminkte, etwas perfide Version des Schadenfreudenhumors. Das zeigt sich zum einen an teils aberwitzigen Attacken wie der Schrumpfung des Gegners und zum anderen haben die Designer den C-Movie-Charme der Filme und Serie aufgegriffen, um das Gemetzel in eine geschichtliche Aufarbeitung der Serie zu verstricken. Für einen Fighter überrascht die gute Vertonung der Charaktere ebenso wie die durchaus unterhaltsamen Wendungen durch mehrere Dimensionen. Protagonist Raiden bemüht sich dabei die Zukunft mit einer Reise in die Vergangenheit zu verändern und Shao Khans Machtergreifung zu verhindern.

Der Gewinner bleibt im Ring

Ob das angepasste Gameplay von "Mortal Kombat" turnierreife erreicht hat, sei lieber dem Urteil der Profis überlassen. Allerdings haben die Entwickler ihren Fokus klar auf das gemeinschaftliche Erlebnis gelegt. Das fängt bei kompetitiven Zweispielerduellen an und erlebt in den abwechslungsreichen Mehrspielermodi seinen Höhepunkt. Neben einem kollegialen Tag-Teamplay wurde beispielsweise eine "King of the hill"-Variante eingebaut, bei welcher der Gewinner stets aufs Neue von bis zu sieben Mitstreitern herausgefordert werden muss. Besonders sozial verträglich: Die Online-Zuseher dürfen die Leistung der Akteure im Nachhinein bewerten und so als Forum agieren.

Challenge

Aber auch Einzelspielern wird nicht allzu schnell langweilig. Neben den üblichen Story- und Arcade-Modi können Kombattanten ihre Fähigkeiten etwa im "Finishing Move"-Training verbessern und ihre Zeit mit den über 300 Mini-Games im "Challenge Tower" totschlagen. Hier kann man gezielt Blöcke zerbersten, versuchen, die Murmel unter einem von drei Totenköpfen eines Trickspielers zu finden oder Glückskämpfe bestreiten, bei denen Mal die Arme, Mal die Beine nicht bewegt werden dürfen.

Fazit

"Mortal Kombat" ist das "Itchy & Scratchy" der Beat'em'up-Welt, daran hat sich bis auf ein paar Nuancen mehr an überzeichneter Gewalt nichts geändert. Der neunte Zwerchfellschlag hinterlässt allerdings durch ein facettenreicheres Spieldesign, eine zu tiefst ernste Schmunzelatmosphäre, dämlich-witzige Zeitvertreibe abseits des Rings sowie einen überaus Party-tauglichen Mehrspielermodus einen bleibenden Eindruck. Prügelspiel-Freunden sei der bislang vielleicht beste Teil der Serie blutwärmstens empfohlen, sofern sie morbide Nahrung abseits der kunterbunten Genrekost suchen: "Finish him!"

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 8.5.2011)