Finanzministerin Maria Fekter gibt privat gerne Geld für Bilder aus. Um das Budget der Republik aufzupolieren, will sie weitere Staatsbeteiligungen verkaufen. Ohne Privatisierungen könne man den Schuldenabbau nicht bewerkstelligen, sagt die Ministerin.

Photoblog: Bei Maria Fekter im neuen Büro

Foto: STANDARD/Cremer

Rüffel für Rechnungshofpräsident und Kanzler, Verkauf von Staatsbetrieben, mehr Geld für die Unis: Finanzministerin Maria Fekter teilt im Gespräch mit Gerald John und Günther Oswald aus.

***

STANDARD: Bei Ihrer Antrittsrede haben Sie die Beamten im Ministerium beruhigt, Sie seien anders, als die Medien darstellen. Wie sind Sie denn in Wirklichkeit?

Fekter: Nicht böse, sondern umgänglich, humorvoll, auf Fairness bedacht und hartnäckig.

STANDARD: Aber es stört Sie nicht, dass Sie mit Maggie Thatcher den Ruf einer eisernen Lady teilen.

Fekter: Ich habe dieses Attribut immer als großes Kompliment empfunden. Thatcher hat mit ihren Reformen ein abgewirtschaftetes Land zur Erfolgsstory gemacht. Aus gutem Grund hat ihr Nachfolger Tony Blair nichts davon zurückgenommen.

STANDARD: Thatcher war als Premierministerin eine Hardcore-Neoliberale, die Gewerkschaften in die Knie zwang. Sind Sie das auch?

Fekter: Ich bin wertkonservativ in dem Sinn, dass ich manches, was als tolerant und liberal gilt, für beliebig halte. Zum Beispiel habe ich für die gemeinsame Obsorge nach der Scheidung gekämpft, weil ein Kind Vater und Mutter braucht und man sich von einer leiblichen Elternschaft nicht scheiden lassen kann. Und ich bin wirtschaftsliberal, weil ich nichts vom Revival eines omnipotenten Staates halte.

STANDARD: Es war doch der Staat, der die Wirtschaft in der Krise über Wasser gehalten hat.

Fekter: Das ist in gewissen Notsituationen auch angebracht. Deswegen muss er aber nicht in der Rettungsphilosophie verharren.

STANDARD: Soll der Staat seine Betriebe verkaufen, wie das Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer fordern?

Fekter: Ja, und zwar um die Schulden abzubauen, die uns den finanziellen Spielraum nehmen. Die Sparmaßnahmen in den Ressorts werden dafür nicht reichen, da bin ich schon froh, wenn wir zu einem Nulldefizit kommen. Dann sitzen wir aber noch auf dem riesigen alten Schuldenberg. Die Erlöse von Privatisierungen müssen für den Schuldenabbau verwendet und nicht gleich wieder mit der Gießkanne verstreut werden. Außerdem ist wirtschaftliches Management immer besser als staatliches. Die großen Privatisierungen waren zum Wohl der Unternehmen.

STANDARD: Nicht nur, diese Woche wurde die letzte Zigarettenfabrik der im Jahr 2001 unter Schwarz-Blau privatisierten Austria Tabak zugesperrt.

Fekter: Das war ein Monopolbetrieb, der vorher nicht ausreichend im Wettbewerb stand. Dort, wo wir gute Standorte hatten, ist nach der Privatisierung um Häuser mehr weitergegangen.

STANDARD: Welche Bereiche wollen Sie denn privatisieren?

Fekter: Ich habe keinen Schmerz dabei, andere staatsnahe Betriebe in die ÖIAG zu bringen, um dort das Beteiligungsmanagement professioneller zu betreiben.

STANDARD:Sollen alle Beteiligungen in die ÖIAG? Die Bundesimmobiliengesellschaft, der Verbund, die Münze Österreich, die ÖBB?

Fekter: Grundsätzlich sollten wir da kein Denkverbot haben.

STANDARD: Und dann zu 100 Prozent verkaufen?

Fekter: Nein, ich bin eine vehemente Verfechterin von strategischen Eigentümerschaften. Das kann Sperrminorität sein, aber auch strategische Partnerschaft. Privatisierung ist gut, weil der Staat der schwerfälligere Eigentümer ist, aber es gibt sehr wohl österreichische strategische Interessen, die es zu wahren gilt.

STANDARD: Das heißt, bei der Post, an der der Staat über 50 Prozent hält, gäbe es noch Potenzial?

Fekter: Wir haben in vielen Bereichen Potenzial, der Staat muss nicht alle diese Betriebe führen. Der ÖBB täte ein strategischer Partner gut - nämlich einer, der es besser kann. Auch bei den Ländern sehe ich großes Potenzial, etwa bei den Energierversorgern. Diese müssen aber selbst entscheiden.

STANDARD: Sie verhandeln also offensiv mit der SPÖ über neue Privatisierungen.

Fekter: Ja, wir werden das angehen müssen.

STANDARD: Auch um die Kreditwürdigkeit zu erhalten? Rechnungshofpräsident Josef Moser warnt davor, dass Österreich die Triple-A-Bewertung verlieren könnte.

Fekter: Ich halte das für überzogen und unverantwortlich. Ein Präsident des Rechnungshofs hat gefälligst auch auf die Interessen des Staates zu schauen und uns nicht bei internationalen Ratingagenturen in eine schiefes Licht zu bringen, das nicht gerechtfertigt ist. Dafür gebührt dem Herrn Rechnungshofpräsidenten massive Kritik. So geht man mit sensiblen Angelegenheiten nicht um. Unser Triple A ist derzeit überhaupt nicht gefährdet. Aber vielleicht will er etwas werden, der Herr Präsident, und bringt sich deshalb in Szene.

STANDARD: Bundeskanzler Faymann meint, in zehn Jahren sei theoretisch ein Nulldefizit möglich. Sind Sie auch so unambitioniert?

Fekter: Ich bin schon happy, dass der sozialdemokratische Bundeskanzler ein Nulldefizit überhaupt für realistisch hält. Von dieser Seite haben wir bisher nur ganz andere Töne gehört. Mein Ziel ist es, das Nulldefizit wesentlich früher zu erreichen. Ab 2016 halte ich es für möglich, dieses Ziel zu erreichen, wenn die Maßnahmen, die wir in der Pipeline haben, greifen: Wir wollen die Konjunktur nützen, dank Privatisierungen den Zinsendienst senken und das Pensionsantrittsalter anheben - ein Jahr brächte uns 1,2 Milliarden.

STANDARD: Ihr Vorgänger Josef Pröll hat beim Abschied den "Stillstand" beklagt - und macht auch Teile der ÖVP verantwortlich. Sie auch?

Fekter: Die Kommunikation zwischen Bund und Ländern war gelegentlich nicht harmonisch. Da gab es, egal ob schwarz, rot oder blau, enorme Reibungsverluste: Wenn man etwas angepeilt hat, waren die Länder gleich dagegen.

STANDARD: Kommunikation? Da geht es doch um Machtinteressen.

Fekter: Auch um Kommunikation. Der Bund ist sehr überheblich gegenüber den Ländern aufgetreten. Das ist eine in der Bundeshauptstadt Wien verbreitete Angewohnheit, die mir fehlt.

STANDARD: Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) fordert bei den nächsten Budgetverhandlungen mehr Geld für sein Ressort. Hat er eine realistische Chance?

Fekter: Für 2012 kriegt er keinen Euro mehr, das ist schon fix. Aber ab 2013 kommen die neuen Leistungsvereinbarungen für die Unis, die Studienplatzfinanzierung, der Hochschulplan. Erst wenn man die Reformvorhaben und den Sparkurs der Unis kennt, kann man über das Geld verhandeln. Ich habe Töchterle schon klar gesagt, dass zusätzliche Mittel ausschließlich an Reformen gekoppelt sind.

STANDARD: Die Regierung betont stets, wie wichtig Investitionen in Bildung seien. De facto werden die Mehrausgaben aber von der Inflation aufgefressen. Verschläft man da nicht etwas?

Fekter: Nein, wir haben für die Ganztagsbetreuung jährlich zusätzlich 80 Millionen lockergemacht. Bei der Neuen Mittelschule sind es 260 Millionen, weil wir dort den größten Reformbedarf haben. Es ist aber nicht die einzige Lösung "Geld, Geld, Geld" zu rufen. Österreich gibt im internationalen Vergleich überproportional viel für Bildung aus, beim Output sind wir aber schlecht. Es geht also darum, wie das vorhandene Geld besser verwendet wird.

STANDARD: Die ÖVP spricht gern vom Leistungsgedanken. Müssten Sie da nicht für höhere Steuern auf Vermögen sein, die über Jahre stark gewachsen sind, während die stagnierenden Arbeitnehmereinkommen die Hauptsteuerlast tragen?

Fekter:Nein, ich sehe überhaupt keinen Spielraum für eine höhere Steuerbelastung. Außerdem haben wir schon sehr hohe vermögensbezogene Steuern, wenn man auch die Grundsteuern einrechnet. Ich halte daher nichts von einer Vermögenssubstanzsteuer ab einer Million, die auch der Bundeskanzler gerne bei seinen Festreden fordert. Da müsste man bei jedem Häuslbauer nachschnüffeln: Wie viel ist das Häusl wert? Wie viel das Grundstück? Hat er einen Bausparer? Hat er eine Lebensversicherung? Wie viel sind die Bilder wert? Wie viel die Teppiche? Das wollen die Österreicher sicher nicht.

STANDARD: Gibt es eine Rolle in der Politik, die Sie nicht übernehmen würden?

Fekter: Sicher, mehrere. Aber die verrate ich Ihnen nicht.

STANDARD: Wieso? Weil Sie vielleicht doch noch einmal gefragt werden, das zu machen?

Fekter: Ich habe nie viele Gedanken über die Frage verschwendet, was ich nicht will. Die Dinge, die mir übertragen wurden, hab ich gemacht. Und wenn man etwas mit Leidenschaft angeht, gewinnt man es auch lieb. Ich hab nach fast drei Jahren im Innenministerium, das zu Beginn etwas sehr Fremdes war, sogar die Polizei liebgewonnen. Das hätte ich mir vorher nicht gedacht. Am Ende bin ich mit Wehmut weggegangen.

STANDARD: Wofür geben Sie gerne Geld aus?

Fekter: Für Bilder, wie man in meinem Büro sieht.

STANDARD: Das Größte zeigt einen roten Bogenschützen, der auf einen schwarzen Flügel zielt. Wie soll man das deuten?

Fekter: Das ist nur ein rotes Zwergerl unter einem großen, schwarzen Vogel. Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass er voll danebenschießt. (Gerald John und Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.5.2011)