Wien - Die Verleihung des "Hannes Androsch Preises" in Höhe von 100.000 Euro Mittwoch Abend in Wien hat einmal mehr den Blick auf Fundraising und Mäzenatentum im Wissenschafts- und Universitätsbereich gelenkt. Schließlich ist es nicht alltäglich, dass jemand ein paar Millionen Euro in eine Stiftung steckt und daraus derart hoch dotierte Preise vergibt. Doch die Entwicklung der Spenden für Wissenschaft und Forschung in Österreich "dümpelt dahin", obwohl seit mehr als 20 Jahren die steuerliche Absetzbarkeit dafür gegeben ist, wie Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verband Austria erklärte.

Laut Finanzministerium wurden 2009 rund 15 Mio. Euro an Spenden für Unis und wissenschaftliche Einrichtungen durch Private und Unternehmen geltend gemacht. Zum Vergleich: im Vorjahr betrug das gesamte Spendenaufkommen in Österreich laut Fundraising Verband rund 400 Mio. Euro.

"Keine wirkliche Philanthropie-Kultur"

Trotz des Anreizes der Spendenabsetzbarkeit habe sich "keine wirkliche Philanthropie-Kultur geschweige denn so etwas wie ein kleiner Spendenmarkt für den Forschungs- und universitären Bereich entwickelt", ist Lutschinger überzeugt. Den Hauptgrund dafür sieht er darin, dass die Forschungseinrichtungen und Unis "in der Regel kein ernsthaftes Fundraising betreiben". Vielfach werde damit erst jetzt begonnen. Es reiche auch nicht, jemand Teilzeit mit dieser Aufgabe zu betrauen. "Fundraising in dem Bereich geht nicht, ohne dass der Rektor oder die Vizerektoren auch mithelfen, denn da geht es um High-Level-Kontakte und eher um Großspender", so Lutschinger.

Tatsächlich wird an vielen Unis Fundraising nicht als zentrale Aufgabe angesehen. An der größten Universität des Landes etwa, der Uni Wien, sucht man vergeblich eine gesamtuniversitäre Stelle für Fundraising. Diese Aufgabe sei derzeit noch direkt bei den Fakultäten angesiedelt, betonte eine Sprecherin. Dennoch hat die Uni Wien 2010 knapp zwei Mio. Euro an Spenden, Schenkungen und Sponsoring erhalten. Einen besonderen Schwerpunkt legt man auch auf den Bereich Stiftungsprofessuren.

Entwicklungspotenzial

Auch an der Medizinischen Universität Graz erfolgte die Kontaktaufnahme mit potentiellen Sponsoren überwiegend über einzelne Institute, Kliniken und Forscher. Kürzlich wurde aber ein Förderverein gegründet, der die Sponsoringaktivitäten intensivieren soll. "Mäzenatentum in der Wissenschaft hat in Österreich generell noch keine große Tradition, hat aber beträchtliches Entwicklungspotenzial für die Zukunft", so Rektor Josef Smolle.

Besser läuft es nach Ansicht Lutschingers "überall dort, wo Privatunis tätig sind, weil die immer schon die Notwendigkeit hatten, sich finanziell auf eigene Beine zu stellen". Als herausragendes - wenn auch für den Privatuni-Bereich nicht ganz passendes - Beispiel nannte er die im Vorjahr erfolgte 10-Mio.-Euro-Spende der Invicta Privatstiftung an das Institute of Science and Technology (IST) Austria. Dem Spender, der ehemalige Pharmaunternehmer Peter Bertalanffy, gefiel "die Idee, die diesem Forschungsinstitut zu Grunde liegt: Das Ziel, einige der besten Forscher aus aller Welt nach Österreich zu holen, die vollkommene Unabhängigkeit des Instituts und die professionelle Verwertung der Forschungsergebnisse".

Androsch begründete seine bei der Akademie der Wissenschaften eingerichtete Stiftung als eine "Dankabstattung, wenn es einem in späten Jahren durch die Umstände gegönnt war, wohlhabend zu werden". Es mag schon Eigenleistung auch damit verbunden gewesen sein, "aber die Gesellschaft hat dies möglich gemacht, das ist der Grund für die Stiftung." Dennoch werde es einem als Mäzen nicht immer leicht gemacht. So sei die Androsch-Stiftung spendenbegünstigt gewesen, "plötzlich ist sie es nicht mehr". Als Ermunterung sieht der Industrielle das nicht. "Wenn man mehr privates Geld für Forschung haben will, dann muss man intensivieren und nicht demotivieren."

Einzelne Spender

Einzelne herausragende Beispiele zeigen aber, dass es offensichtlich doch wohlhabende Personen gibt, die Wissenschaft und Forschung unterstützen: Rudi Roth, ein in der Mineralölbranche tätiger steirischer Unternehmer, fördert Nachwuchswissenschafter, die zum Themenkreis Ost- und Südosteuropa arbeiten. Er hat dafür seit 2001 und bis 2019 laufend insgesamt 200.000 Euro zur Verfügung gestellt. "Das ist mein Beitrag zur gelebten Nachbarschaft, der gerade zwanzig Jahre nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs besondere Bedeutung zukommt", begründete Roth sein Engagement. In den Jahren 2007 bis 2009 hat der Unternehmer Konrad Altenbuchner den "Buchbinderpreis" der Uni Graz gestiftet. Diese mit jährlich 20.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde an exzellente Dissertanten vergeben, um die Verbindung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu intensivieren.

Die B & C Privatstiftung fördert seit sechs Jahren wirtschaftsnahe und damit unternehmensrelevante Forschungsprojekte. Erst in der Vorwoche wurden die diesjährigen, mit insgesamt 230.000 Euro dotierten Preise vergeben. Ziel sei, "gemäß dem Stiftungszweck, der Förderung des österreichischen Unternehmertums, österreichische Forschungsinitiativen zu unterstützen und so einen maßgeblichen Beitrag zur Stärkung des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Österreich zu leisten", heißt es seitens der Stiftung, die für das kommende Jahr die Preisdotierung auf 300.000 Euro aufgestockt hat.

Gelder aus der Wirtschaft

An der Technischen Universität (TU) Graz kommen namhafte Beträge zur Förderung der Forschung weniger aus dem privaten Bereich als der Wirtschaft: Die Bemühungen, Private zu Geldzuwendungen zu bewegen, lägen "in den Anfängen". "Der Schwerpunkt liegt bei strategischen Partnerschaften mit Unternehmen", hieß es aus der Pressestelle. "Highlight" dabei ist das "Frank Stronach Institute": Von 2003 bis 2013 lässt Magna Steyr rund 24 Mio. Euro in die Errichtung eines nach dem Firmengründer des kanadische Zulieferkonzerns "Magna International" benannten Großinstitutes im Bereich der Fahrzeugtechnik fließen. Die Vorverhandlungen für eine Fortführung nach 2013 seien bereits im Laufen, im Sommer werde man Näheres wissen, heißt es aus der Pressestelle.

Fixer Bestandteil der Finanzierung sind private Zuwendungen an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg. Rund ein Viertel des Jahresbudgets wird durch Fundraising erlöst. Insgesamt verfügt die Privatuni über rund 100 Sponsoren, mehrere davon mit Spenden in Höhe von mehr als einer Mio. Euro. Mit Sponsoren werde eine Vereinbarung auf fünf Jahre abgeschlossen, um eine vorhersehbare Finanzierung planen zu können.

Es gibt sie also in Österreich, die Philanthropen und Mäzene, auch im Wissenschaftsbereich. Lutschinger ist aber überzeugt, dass der Markt von Seiten der Spender durchaus größer wäre, derzeit vielfach aber nicht mit den richtigen Projekten bedient werde. "Österreich ist in diesem Bereich wirklich noch Entwicklungsland. Pointiert könnte man auch sagen, es geht ihnen (den Universitäten und Forschungseinrichtungen, Anm.) noch zu gut." Dennoch sei privates Sponsoring beschränkt. "Zu glauben, dass man die ganzen Budgetnöte damit abfedert, ist nicht der Punkt", so Lutschinger. (red/APA)