Strache bei seiner bisher letzten Rede beim Totengedenken im Jahr 2004, als er neuer Chef der Freiheitlichen wurde. In den Jahren darauf blieb er der Veranstaltung fern, jetzt ist er wieder dabei.

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Wien FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bemüht sich um Schadensbegrenzung: Seine Israel-Reise Ende des Jahres 2010 hat am extrem rechten Rand in den eigenen Reihen für Aufregung gesorgt. Am 8. Mai, dem Jahrestag der Kapitulation Nazi-Deutschlands, tritt Strache als Festredner bei der Heldenehrung der deutschnationalen Burschenschafter in Wien auf. Ein Versuch, sich bei den Schlagenden wieder Liebkind zu machen.

In der Konsolidierungsphase der FPÖ - nach der Abspaltung von Jörg Haider und dem BZÖ im Jahr 2005 - hätten die Schlagenden viel zur "Wiedergeburt" der Blauen beigetragen, bekannte Strache selbst. Nun, in der Phase des Aufstiegs, drohen sie zum Korsett zu werden. Das merkt der FPÖ-Chef personell - die Riege der Schlagenden im Nationalratsteam ist lang - und inhaltlich, wie die harsche interne Kritik an seiner Israel-Reise zeigte.

Die Fahrt von Strache, offenbar als Signal für Regierungstauglichkeit gedacht, entpuppte sich als Eigentor. Da nutzte es nichts, dass der FPÖ-Chef - anscheinend als Signal an seine Mannen - als Kopfbekleidung für seinen Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eine "Biertonne" (eine Burschenschafter-Kappe) wählte.

Die Wahrnehmung in rechten Postillen war eindeutig: "Durchsichtige Unterwerfungsgesten", eine "überraschende Liebeserklärung" an Israel. "Während einige ihren Parteiaustritt erklärten und Strache als ,Haider II' bezeichneten, wollen andere die weitere Entwicklung abwarten", schrieb die National Zeitung.

Strache wird "belächelt"

Folgerichtig sei Straches Auftritt am 8. Mai "ein Zugeständnis an die Burschenschafter", sagt Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW). Die habe er nämlich "zu oft vor den Kopf gestoßen". Und Strache hat nun Zeit, sich um die vergrämten Rechten zu kümmern, schließlich beschert ihm die SPÖ-ÖVP-Koalition ohne sein Zutun ein Umfragehoch nach dem anderen.

"Wer kräht danach, ob Strache in Israel war oder nicht?", fragt hingegen der Historiker Lothar Höbelt. Für ihn ist die Strache-Rede am 8. Mai ein "einfach gestrickter Sachverhalt": Der FPÖ-Chef wolle die vorprogrammierte mediale Aufmerksamkeit nutzen. "Vermutlich wird er über die allgemeine Wehrpflicht reden."

Der Ansicht, zwischen dem FPÖ-Chef und dem schlagenden Milieu herrsche eine Art Zweckbündnis, kann er nichts abgewinnen, denn: "Die ganz Rechten müssen sowieso FPÖ wählen, denen bleibt keine andere Partei übrig. Kämpfen muss er um das bürgerliche Spektrum."

Strache ist zwar Burschenschafter (Pennälerverbindung Vandalia), hat in Jugendzeiten an einer Wehrsportübung mit dem Neonazi Gottfried Küssel teilgenommen und war auch in Kontakt mit der wegen NS-Wiederbetätigung verbotenen Liste "Nein zur Ausländerflut", trotzdem gilt er in der extremen Rechten nicht als einer der ihren.

"Die Burschenschafter können über Strache Macht ausüben, denn er braucht sie, um die Kernwählerschaft zu mobilisieren", beschreibt ein Schlagender, der anonym bleiben will, das Verhältnis zwischen dem FP-Chef und den Deutsch-Nationalen. Viele würden Strache eher belächeln, ist er doch kein Akademiker und hat auch keine Matura.

Neues Parteiprogramm

Wie schwierig der Spagat zwischen nationaler Honoratiorenpartei und populistischer Volksbewegung ist, zeigt die Debatte um ein neues Parteiprogramm der FPÖ. Dieses wird seit 2005 angekündigt, scheiterte bisher aber an der Umsetzung. Beim Parteitag am 18. Juni soll es so weit sein, da wird das etwa zwölf Seiten dünne neue Programm präsentiert.

Der mit der Neufassung beauftragte stellvertretende FPÖ-Chef Norbert Hofer spricht von einem guten Kompromiss: "Wir erwähnen gleichermaßen, dass Österreich mit dem deutschen Kulturgut verbunden ist wie auch dass Minderheitenrechte, etwa die der Roma, zu wahren sind - und dass Asylwerber, die nach Österreich kommen, weil sie Hilfe brauchen, diese verdienen." Hofer ist übrigens einer der Nichtburschenschafter im FPÖ-Parlamentsklub. (Saskia Jugnikl, Peter Mayr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.5.2011)