Wien - Bei der Wiener FPÖ legt man offensichtlich auf Erkenntnisse der Zeitgeschichte nur bedingten Wert. Schließlich investierte man im April gut 30.000 Euro für ein ganzseitiges Inserat der Kronen Zeitung - in dem bestritten wird, dass der 1944 abgestürzte Jagdflieger Walter Nowotny NSDAP-Mitglied war. Trotz gegenteiliger Dokumente.
"Seine vermeintliche Mitgliedschaft in der NSDAP, die im Übrigen von seinem Bruder bis zu dessen Tod immer bestritten wurde" findet sich in dem "Offenen Brief" an die damalige Innenministerin Maria Fekter (ÖVP). Der Wunsch an die Politikerin: Sie solle eine im Raum stehende Umbettung Nowotnys vom Wiener Zentralfriedhof in ein anderes Grab verhindern. Dieses Bestreben wird von der FPÖ Rot-Grün zugeschrieben.
Dass die Parteimitgliedschaft Nowotnys gut dokumentiert ist, scheint die beiden Unterzeichner des Briefes, der Wiener FP-Klubobmann Johann Gudenus und der Zweite Wiener Landtagspräsident Johann Herzog, nicht zu stören.
Erkundigt man sich beim deutschen Bundesarchiv in Berlin, wo ein Teil der Akten zur NSDAP aufbewahrt wird, bekommt man eine eindeutige Antwort. Nowotny wurde als 18-Jähriger am 1. Mai 1938 mit der Nummer 6. 382.781 Mitglied der NSDAP. Im Jahr 1941 wurde auch noch sein Umzug nach Wien in der Karteikarte der so genannten Gaukartei vermerkt.
Während Johann Gudenus auf zweimalige Bitte um Rückruf nicht reagierte, zieht Johann Herzog den Befund in Zweifel. "Es ist gar nicht sicher, dass Nowotny bei der Partei war, schließlich hat dass sein Bruder immer verneint", sagt er.
Warum dann sogar ein Wohnsitzwechsel registriert wurde? "In einer Diktatur ist es sicher nicht so gelaufen, dass man alles selbst machen musste", argumentiert er. Und überhaupt: "Er kann nicht gleichzeitig Wehrmachtssoldat und Parteimitglied gewesen sein."
Was Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte nicht so sieht. "Es gibt ein Gesetz aus dem Jahr 1935, in dem geregelt ist, dass während des Armeedienstes die Mitgliedschaft ruhend gestellt ist. Parteimitglied ist man aber trotzdem geblieben", erklärt er. Die Daten aus Berlin würden stimmen, betont er. "Wer die NSDAP-Mitgliedschaft von Nowotny bestreitet, dem empfehle ich einen Nachhilfekurs in Geschichte."
In der Frage der möglichen Exhumierung und Umbettung des Jagdfliegers hat Herzog auch keine wirklichen Beweise, dass die Rot-Grüne Stadtregierung dahintersteckt. "Sie haben das 2003, als der Status des Ehrengrabes aberkannt wurde, gefordert", sagt er. Im für Soldatengräber zuständigen Innenministerium verneint man politische Interventionen, sondern führt monetäre Gründe an. Da der Grabstein immer wieder beschädigt werde und das Innenressort die Reparatur zahlen müsse, überlege man eine Umbettung auf einen Soldatenfriedhof, erklärt Sprecher Rudolf Gollia. (Michael Möseneder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.5.2011)