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Lustenauer Geschichte in Kapfenberg: Verteidiger Jürgen Kampel umarmt einen Mitspieler, Tormann Alexander Kofler freut sich allein. Der Dritte der ersten Liga ist erstmals Cupfinalist.

Foto: dapd

Wien/Lustenau - Präsident Hubert Nagel war am Tag nach dem Einzug ins österreichische Cupfinale durchaus gelassen. "Ich kann ja nix dafür", sagte er und wies darauf hin, "dass ich auch in schlechten Zeiten nicht abhebe." Er ist körperlich nicht in Kapfenberg gewesen, Nagel wurde unlängst eine künstliche Hüfte eingesetzt, also ist er zwecks Schonung in Lustenau geblieben. Er hat sich die Partie in aller Öffentlichkeit auf dem Blauen Platz angeschaut. Vor dem Bildschirm feierten rund 1000 Fans das hochverdiente 2:1 des Erstligisten gegen den steirischen Bundesligisten. "Im Stadion waren auch nicht mehr Leute."

Österreichs Fußball widerfuhr am 3. Mai 2011 Historisches. Erstmals stellt Vorarlberg einen Cupfinalisten, und den Bewerb gibt es seit 1919. "Zeit wurde es", sagt Nagel. "Gut fürs Ländle, gut für unser Image. Vielleicht fällt es nun leichter, einen Angriff auf die Bundesliga zu unternehmen. Dort wollen wir hin." Im Idealfall im nächsten Jahr, ganz sicher aber 2014. "Dann werden wir 100 Jahre alt. Oben feiert es sich besser."

Nagel führt den Traditionsklub "wie eine Firma, die in ihrer Existenz nie gefährdet sein darf. Wir stehen für Beständigkeit, für Verantwortung, scheuen das Risiko. Wir wollen Machbares machen. Aber das Machbare soll möglichst viel sein." Die Austria budgetiert mit zwei Millionen Euro, die Sponsoren sind Tischler, Bäcker oder Installateure aus der unmittelbaren Umgebung. "Auf Großunternehmen haben wir keine Chance. Vielleicht ändert sich das als Cupsieger." Man müsse das Unternehmen als Pyramide betrachten. "Das Fundament steht, die Spitze ist noch nicht fertig."

Die Austria gilt als schwarzer Verein (ÖVP-nahe), der FC Lustenau als blauer (FPÖ). Die SPÖ kann sich hier brausen. "Ganz so eng soll man das heute nicht mehr sehen. Aber die Austria war während des Zweiten Weltkriegs verboten." Nagel leitet den Klub seit mehr als 20 Jahren, 1997 wurde ihm der Titel Präsident umgehängt. Er sitzt auch im Aufsichtsrat der Bundesliga. "Vielleicht wegen der Beständigkeit."

1997 stieg die Austria sogar in die Bundesliga auf, drei Saisonen lang konnte man sich oben halten. Nagel: "Seit 1994 gehören wir immer zu den besten 15 Klubs des Landes. Wir waren aber auch nie besser als Neunter. Wir führen 15 Nachwuchsmannschaften."

Der Name Edi Stöhr ist eng mit der Austria verbunden. Der Vertrag mit dem deutschen Trainer wurde trotzdem nicht verlängert. Nach dem Finale endet Stöhrs bereits dritte Amtszeit. "Ich will nicht Öl ins Feuer gießen", sagt er. Nagel: "Es ist Zeit für Veränderung." Stöhr: "In aller Bescheidenheit. Ich weiß über den Fußball mehr Bescheid als die meisten anderen hier. Fußball ist meine Leidenschaft. Ich arbeite immer daran, das Spiel zu begreifen." Wie er sich das Erreichen des Cupfinales erklärt? "Mit guten Leistungen. Die Mannschaft ist aufmerksam und eifrig. Wir wollen den Pott. Wer im Viertelfinale die Wiener Austria 4:0 schlägt, darf diesen Anspruch erheben."

Nagel wünschte sich am 29. Mai im Happel-Stadion Rapid zum Gegner. "Dann wäre der Erlebniswert ein noch größerer." (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 05.05.2011)