Foto: Sotheby's

Wann welche Arbeit(en) von Egon Schiele wo und über welches Auktionshaus versteigert würde, darüber hüllte sich der gesamte Vorstand der Leopold Museum-Privatstiftung seit Monaten in Schweigen. Dass Teile des Bestandes geopfert werden (müssen) war hingegen fix. Rechtlich sei das auf Basis eines Gutachtens zulässig, sofern es um solche Werke geht, die den substanziellen Kern der Sammlung nicht gefährden bzw. deren daraus erzielter Erlös ebendiesen erhalten würden. Ende August 2010 war Egon Schieles "Bildnis Wally" nach Österreich zurückgekehrt. Knapp 15 Millionen ließ man sich die Einigung mit den Erben nach Lea Bondi-Jaray kosten, ein Betrag, den man über einen Kredit bei der Raiffeisenbank finanzierte: Laufzeit drei Jahre, im ersten dem Vernehmen nach zinsfrei.

Grünes Licht für Öl

Schrittweise, so der von Rudolf Leopolds Witwe Elisabeth im Gespräch mit dem STANDARD im Herbst 2010 skizzierte Plan, sollten dafür etwa zehn Arbeiten auf Papier veräußert werden, wobei vergleichbare Motive, ähnliche Werkphase und Technik als Kriterien fungieren würden. Aus der Sicht von Experten die zweite Qualitäts-Garde, die nur schwerlich 15 Millionen in die Kassen gespült hätte. Die Liste der potenziellen Verkaufskandidaten wurde länger, auch die Arbeitstage in den Restitutions-Abteilungen der Auktionshäuser, wo man Provenienz für Provenienz überprüfte. Absolut lückenlos, lautet der internationale Anspruch, den die Forschungsergebnisse des Leopold Museums jedoch nur eingeschränkt erfüllen konnten. 

Dazu kommt die von Diethard Leopold kurz nach dem Tod seines Vaters im Juni 2010 postulierte neue Strategie zu allfälligen Restitutionskandidaten im Bestand: Der bisher formaljuridische Standpunkt wäre Geschichte, sachlich geführten Verhandlungen und mögliche Einigungen gehöre die Zukunft. Auch dafür benötigt man entsprechendes Budget, wie der Fall "Häuser am Meer" zuletzt zeigte: Einigung mit den Erben nach Jenny Steiner ja, Naturalrestitution nein, so der aktuelle Status.

Künstlerweltrekord gesichert

Spätestens im Februar tüftelte man hinter den Kulissen des Leopold Museum bereits an Plan B, wie DER STANDARD damals berichtete: An einem größeren "Opfer" in Form eines Ölbildes, für das man allerdings auch grünes Licht seitens des Bundesdenkmalamtes benötigte. Und ein solches bekam man jetzt, konkret für eine von insgesamt neun Stadtansichten aus der Sammlung, für Egon Schieles "Häuser mit bunter Wäsche (Vorstadt II)". Das Match um diesen Prestigeverkauf entschied wiederum Sotheby's für sich und das Bild wurde bereits nach London transportiert. Am 22. Juni gelangt dort das 1914 gemalte Meisterwerk im Rahmen des Impressionist & Modern Art Evening Sales zur Auktion. 

Zwischen 22 und 30 Millionen Pfund (35-50 Mio. Dollar/ ca. 24,4-33,3 Mio. Euro) beziffern die Experten ihre Erwartungen. Womit der bisherige Künstlerweltrekord (in Euro: 2003 Sotheby's, "Krumauer Landschaft", 18,2 Mio.; in Dollar: 2006 Christie's, "Einzelne Häuser", 22,4 Mio.) übertroffen wird? "Definitiv", bestätigt Helena Newman (Sotheby's Europa Chairman, Impressionist & Modern Art), "dafür sprechen sowohl die herausragende Qualität, die tolle Provenienz und vor allem die Marktfrische". Das Gemälde war kurz nach Fertigstellung im Jahr 1914 von Schieles Förderer Heinrich Böhler erworben worden. 1952 verkaufte es dessen Witwe an Rudolf Leopold. Damit kommt "Häuser mit bunter Wäsche (Vorstadt II)" im Juni zum allerersten Mal auf den freien Markt. (Olga Kronsteiner, derStandard.at, 5. Mai 2011)