Ein ultrakaltes Bose-Einstein-Kondensat im Atomchip emittiert Atompaare, die quantenphysikalisch miteinander verknüpft sind.

Illu.: TU Wien, Robert Bücker

Wien - Zahlreiche spektakuläre Experimente der Quantenphysik werden mit verschränkten Lichtteilchen durchgeführt. An der Technischen Universität (TU) Wien ist es Physikern um Jörg Schmiedmayer nun gelungen, mit Hilfe von ultrakalten Bose-Einstein-Kondensaten auf Atom-Chips quantenphysikalisch verknüpfte Atom-Zwillinge zu erzeugen. Damit sollen künftig Experimente wie Quantenteleportation nicht nur mit Photonen, sondern auch mit neutralen Atomen möglich sein. Die Arbeit wurde nun in der Wissenschaftszeitschrift "Nature Physics" veröffentlicht.

Verschränkung

Leuchtet man mit einem Laser in einen besonderen - einen optisch nichtlinearen - Kristall, entstehen Photonenpaare, die man durch spezielle Verfahren verschränken kann. Durch diese quantenmechanische Verschränkung bleiben zwei Lichtteilchen miteinander wie über einen unsichtbaren Faden verbunden, auch wenn sie sich über beliebige Distanzen von einander entfernen. Misst man an einem dieser Teilchen beispielsweise die Polarisierung, also die Schwingungsrichtung, ist die Polarisation des anderen augenblicklich auch festgelegt. Selbst Albert Einstein konnte sich mit den Konsequenzen der Verschränkung nicht anfreunden und sprach von "spukhafter Fernwirkung".

Noch haben die Physiker vom Atominstitut der TU Wien nicht nachgewiesen, dass ihre Atom-Zwillinge verschränkt sind. Dazu werde es noch einiger Schritte bedürfen, betonte Schmiedmayer. Dennoch sind die beiden Atome bereits quantenphysikalisch verknüpft.

Zur Herstellung der Atom-Zwillinge müssen die Wissenschafter zunächst ein Bose-Einstein-Kondensat (BEC) aus Rubidium herstellen. Dieser besondere Materiezustand stellt sich nur bei extrem tiefen Temperaturen ein, einige Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt von minus 273 Grad Celsius. In diesem Zustand befinden sich die Atome im niedrigst-möglichen Energiezustand, sie verlieren quasi ihre Identität als einzelnes Atom und "marschieren" im Gleichschritt.

Experimente mit Atomwolke

Dieses BEC, eine Wolke mit wenigen tausend Atomen, wird von magnetischen und elektrischen Feldern auf einem Atom-Chip in Schwebe gehalten. Diese Atomwolke auf dem Chip kann sehr präzise manipuliert werden, was die Durchführung von Experimenten ermöglicht. "Wir führen jedem der Atome in dem BEC gezielt ein Quantum Schwingungsenergie zu. Das BEC will dann wieder in den Zustand niedrigster Energie zurückkehren und muss dazu die überschüssige Energie wieder loswerden", so Schmiedmayer.

"Durch ein ausgeklügeltes Design unseres Atom-Chips hat das Bose-Einstein-Kondensat nur eine einzige Möglichkeit, Energie abzugeben: indem es Atom-Paare aussendet", erklärte Studienautor Robert Bücker. Die beiden ausgesandten Atome bewegen sich dann in genau entgegengesetzte Richtungen auseinander - ein sehr ähnlicher Effekt, wie er bei der Herstellung von Photonenpaaren in den nicht-linearen Kristallen auftritt.

Die Physiker betonen, dass man sich den Atom-Zwilling nicht einfach wie klassische Partikel vorstellen kann, wie sie etwa bei einer Explosion in alle Richtungen davonfliegen. "Sie sind quantenphysikalische Kopien voneinander und unterscheiden sich nur durch die entgegengesetzte Bewegungsrichtung; sie bilden quasi ein gemeinsames Quanten-Objekt", so Schmiedmayer, der die Atom-Paare in Zukunft für zahlreiche Versuche nutzen will. "Ein unglaublich aufregendes Forschungsgebiet tut sich hier auf", so der Physiker. Wenn die Quantenmechanik stimmt, seien bei den Atom-Zwillingen die gleichen Ergebnisse zu erwarten wie bei den verschränkten Lichtteilchen, es könnte aber auch sein, "dass wir völlig neue Phänomene beobachten". (APA/red)