Manuela bei einem ihrer regelmäßigen Besuche bei der Drogenberatung. Die 22-jährige Wienerin ist mit ihrem zweiten Kind schwanger und in einem Substitutionsprogramm

Foto: STANDARD/Fischer

Wien - Als Manuela* ihr erstes Kind zur Welt brachte, flog ihr Geheimnis schnell auf. Sie hatte den Ärzten und Schwestern nichts von ihrer Drogensucht erzählt, aus Angst, man würde ihr ihren neugeborenen Sohn wegnehmen. Das Baby kam per Kaiserschnitt zur Welt, nach einer Blutprobe begann man im Krankenhaus sofort mit der Behandlung der Entzugserscheinungen, "neonatales Abstinenzsyndrom" nennen die Experten dieses Problem. "Ich habe mir in dieser Zeit viele Vorwürfe gemacht", sagt Manuela, die als Jugendliche aus Deutschland nach Wien kam.

Regelmäßig zur Harnprobe

Als sie mit 22 ungeplant schwanger wurde, bezog sie Notstandshilfe, wohnte mit ihrem Freund in einem Obdachlosenwohnheim, probierte Marihuana, Koks, Ecstasy. Abhängig wurde Manuela schließlich von illegal bezogenem Substitol. Eine Sozialarbeiterin vermittelte dem Paar eine eigene Wohnung. Ihren Sohn konnten sie bei sich behalten, allerdings unter strengen Auflagen: Mutter und Vater mussten regelmäßig Harnproben abgeben, jede Woche stand ein Besuch in einem Mutter-Kind-Zentrum auf dem Programm, das Jugendamt kontrollierte die Lebensumstände der jungen Familie laufend.

Heute ist der Bub fast zwei, Manuela wieder schwanger, diesmal geplant, und sie ist in einem Substitutionsprogramm. Für die Geburt und den anschließenden Entzug des Kindes ist alles vorbereitet. Etwa 80 drogensüchtige Frauen entbinden laut Sucht- und Drogenkoordination pro Jahr in Wien. Manuela hat dort regelmäßig Termine und half bei der Erstellung eines Folders mit. Auch legale Drogen, ist darin nachzulesen, können sich fatal auf die Gesundheit des Ungeborenen auswirken, Zigarettenkonsum kann beim Baby nach der Geburt sogar ähnliche Probleme zur Folge haben wie ein Opiatentzug. Eine mögliche Spätfolge für das Kind ist ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom.

Bei einer kontrollierten Substitution seien hingegen keine Schäden für das Kind zu erwarten, sagt Gabriele Fischer, die Leiterin der Drogenambulanz am Wiener AKH. "Wenn die Frauen keinen Zusatzkonsum haben, kann man zu sehr guten Ergebnissen kommen." Allerdings würden viele betroffene Frauen rauchen, und für die Organe sei Alkohol besonders schädlich. Auch Beruhigungsmittel, die laut Fischer eine "viel größere Klientel" nehme als illegale Substanzen, können zu Fehlbildungen führen, etwa zu einer Gaumenspalte.

Bei der Drogenberatung legt man vor allem Wert darauf, die Frauen stabil zu halten, auch in der Substitution. Ein Entzug steht daher nicht an erster Stelle und sei erst ein, zwei Jahre nach der Geburt eines Kindes ratsam. Auch Manuela und ihr Freund haben das vor. Sie hofft, dass sie es durchhalten, sagt die bald zweifache Mutter. Nacheinander - "damit jemand für die Kinder da ist."(DER STANDARD Print-Ausgabe, 2.5.2011)