Foto: frieze

"Die Lücke schien so offensichtlich, dass wir glaubten, es würde sicher jemand anderer machen", sagten die Gründer der Londoner Frieze Art Fair Matthew Slotover und Amanda Sharp einmal über ihr Messeabenteuer. Aber: Es machte niemand anderer. So ähnlich ist es nun, 20 Jahre nach dem Launch des ersten frieze-Hefts, mit dem in Berlin an den Start gehenden frieze d/e: ein Magazin, das seinen Fokus auf die drei lebendigen Kunstmärkte Deutschland, Österreich und Schweiz richtet und mit bilingualen Texten nicht nur Muttersprachler abholt, sondern auch (temporär) dort ansässige fremdsprachige Künstler und Kulturschaffende.

Die logische Lücke füllt wieder frieze. Jennifer Allen, Chefredakteurin der neuen Zeitschrift, sieht es als "Produkt der Globalisierung". In der Tat: Es gibt keine statischen, alles diktierenden Kunstzentren mehr. Man ist in Bewegung. Für internationale Künstler ist es interessant geworden, in Berlin, Wien und Zürich zu arbeiten. Und im Vergleich zu England oder den USA sei der deutschsprachige Raum, so Allen, weniger zentralisiert. Die Breite an Kunstvereinen, Kunsthallen und Sammlungen ist groß, "es gibt viel, über das man berichten kann."

Wurde früher eine Kunstzeitschrift gegründet, so die seit 1995 in Berlin lebende Kunstkritikerin, hat man aus der ganzen Welt, aus New York und London berichtet, Ausstellungsrezensionen aus Köln, Wien, Basel waren Drüberstreuer. "Wir machen genau das Gegenteil", sagt Allen selbstbewusst. Ihr Editorial in der ersten, auf dem Titel Künstler wie Heimo Zobernig oder Henrik Olesen featurenden Ausgabe (künftig vierteljährlich, 9 Euro) klingt dennoch defensiv, widmet sich dem Vorwurf, der Schwerpunkt sei provinziell, und diskutiert das Auflösen der Zentren. Verteidigung ohne Angriff? "Die Frage 'Warum nur drei Länder?' wurde mir häufiger gestellt."

Wer vorrangig an internationalen Ausstellungen interessiert ist, muss auch künftig zum klassischen frieze greifen. frieze d/e ermöglicht der Fokus, auch kulturpolitisch regionale Fragen zu behandeln, etwa die Konflikte, die den nächsten Rektor der Wiener Akademie erwarten. Ein Heft für Experten sei man nicht: "Wenn man sagt, Monopol ist eher breit und Texte für Kunst sehr akademisch, dann sitzen wir in der Mitte." (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 30. April/1. Mai 2011)