Bild nicht mehr verfügbar.

Wer im Kleinkindalter zuviel Zucker, Eiweiß und Fett isst, darf bereits im Schulalter mit Speck auf den Hüften rechnen. 

Foto: APA/Helmut Fohringer

Ernährungsempfehlungen für Säuglinge und Schulkinder gibt es bereits. Wer nach Ernährungsvorgaben für Kleinkinder sucht, wurde bisher aber nicht fündig. Ein Expertenteam hat daher erstmals ein Positionspapier mit "Ernährungsempfehlungen für 1- bis 3-Jährige" erarbeitet. Vorgestellt wurden die Empfehlungen am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien.

"Die ersten drei Jahre sind eine wichtige Phase für die körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Die Organe wachsen in dieser Phase besonders stark, insbesondere das Gehirn. Eine optimale Zusammensetzung der Ernährung ist erforderlich", erklärt Jürgen König vom Department für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien.

Der Übergang von der Säuglingsnahrung zur Familienkost verläuft jedoch nicht immer optimal. Die Lebensmittelauswahl ist durch die Familienkost geprägt, die nicht immer kleinkindgerecht ist. „Wir haben zu viele Nahrungsmittel mit geringer Nährstoffdichte wie Süßigkeiten und Weißbrot, zuviel eiweiß- und salzreiche Lebensmittel und ein ungünstiges Fettsäuremuster mit zuviel gesättigten und zuwenig mehrfach ungesättigten Fettsäuren", so der Ernährungswissenschaftler.

Kein Mangel- sondern ein Problemstoff

König bezieht sich dabei auf Verzehrsdaten von Kleinkindern in Deutschland, da es in Österreich noch keine repräsentativen Daten gibt und von ähnlichen Ernährungsgewohnheiten in beiden Ländern ausgegangen wird. Auffallend bei den Ergebnissen aus Deutschland ist, dass die Nährstoffzufuhr bei Säuglingen besser abschneidet. "Ein Kleinkind nimmt mehr als doppelt so viel Eiweiß als nötig auf. Der Süßigkeitenverzehr und damit die Zuckerzufuhr mit all den negativen Folgen für Gewicht und Zähne verdoppelt sich zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr."

In den vergangenen Jahrzehnten war es ein Hauptanliegen bei Säuglingen und Kleinkindern eine ausreichend hohe Eiweißversorgung sicherzustellen. Jetzt erfolgt ein Paradigmenwechsel. „Eiweiß ist kein Mangelstoff mehr, sondern ein Problemstoff, wenn er im Überfluss konsumiert wird", berichtet Karl Zwiauer, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am Landesklinikum St. Pölten.

Studien liefern Hinweise darauf, dass Eiweiß - wie andere Makronährstoffe auch - an der Entstehung von Übergewicht wesentlich mitbeteiligt ist. Zwiauer spricht von einem doppelt so hohen Risiko übergewichtig zu werden, wenn die Eiweißzufuhr im Kleinkindesalter erhöht ist.

Weniger tierisches Eiweiß

Die eingeschränkte Aufnahme von tierischem Eiweiß im Kleinkindalter, soll der Adipositas im Schulkindalter und späteren Lebensjahren entgegenwirken. Die aktuelle Ernährungsempfehlung für Kleinkinder lautet daher: Maximal dreimal pro Woche magere und fettarme Fleisch- und Wurstwaren. Milch soll als Eiweißlieferant ebenfalls nur noch in Maßen genossen werden. Zwiauer rät zu maximal drei Portionen Milchprodukte pro Tag, "insgesamt 300 bis 330 Milliliter, am besten speziell eiweißreduzierte Kindermilch."

Bei der Fettzufuhr gilt es die Qualität zu beachten. Weg von gesättigten, hin zu mehrfach ungesättigten Fettsäuren lautet hier die Devise. Für neurologische Entwicklungen sind essentielle Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren wichtig. Beide müssen dem Körper mit der Nahrung zugeführt werden. Studien weisen darauf hin, dass eine niedrige Aufnahme von langkettigen Omega-3-Fettsäuren mit Konzentrationsschwierigkeiten und Lernschwierigkeiten assoziiert ist. Omega-3-fettreiche Lebensmittel wie Fisch, Rapsöl, Nüsse, Samen und Weizenkeime gleichen Mangelzustände aus.

Zu wenig Eisen und Folsäure

Während es Kleinkindern und in weiterer Folge auch Schulkindern an Eiweiß, Natrium, Zucker und gesättigten Fetten nicht fehlt, zeigen Deutschlands Kinder deutliche Mängel an Spurenelementen wie Eisen und Folsäure. "Bei 20 Prozent der deutschen Kinder liegt eine Eisenmangelanämie vor. Die Folsäurezufuhr bei 1- bis 3-Jährigen liegt unter 50 Prozent der Empfehlungen", berichtet Nadja Haiden von der Medizinischen Universität Wien.

Eisen ist unter anderem wichtig für die Blutbildung und den Ausbau intellektueller Fähigkeiten. Eine Unterversorgung im Kleinkindalter führt im Schulalter zu eingeschränkten Merkfähigkeiten, insbesondere zu verminderten mathematischen Leistungen. Ein Folsäure-Mangel äußert sich durch Müdigkeit und Appetitlosigkeit.

Mangelernährung vorbeugen

Bekannte Eisenlieferanten sind rotes Fleisch und geriebene Nüsse, Samen und Weizenkeime. Folsäurereiche Gemüsesorten wie Spinat, Erbsen, Brokkoli, Karfiol oder Fenchel sollten täglich auf dem Speiseplan eines Kleinkindes stehen. Die Zufuhr von Hülsenfrüchten einmal pro Woche und der Umstieg auf Vollkornvarianten bei Brot, Nudeln und Reis optimiert die Folsäure-Versorgung der Kinder.

Nebenbei gilt es auf salzreiches Knabbergebäck zu verzichten und zuckerreiche Fruchtsäfte durch Leitungswasser zu ersetzen - All das, am besten bereits im Kleinkindalter. Nur so lässt sich der Kampf gegen das steigende Übergewicht unter Schulkindern gewinnen. Darüber sind sich die Experten einig. (derStandard.at, 28.04.2011)