Der Hamburger Hafen gehört zu den größten der Welt. Seit den 1990er-Jahren konnten die Kohlendioxidemissionen um ein Drittel reduziert werden

Foto: APN/Axel Heimken

Hamburg/Wien - Im Container-Terminal Altenwerder heben die riesigen Kräne die Container von den Überseeschiffen und laden sie auf AGVs (Automated Guided Vehicles), die über in Boden eingelassene Transponder selbst ihren Weg zum Container-Lagerplatz finden. Dahinter liegen die Gleise zum Weitertransport der Güter nach ganz Europa. 70 Prozent der Güter verlassen den Hafen mittlerweile mit der Bahn - mehr als doppelt so viel wie in Rotterdam.

Häfen, wie jener der diesjährigen europäischen Umwelthauptstadt Hamburg, werden meist nicht mit Klimaschutz in Zusammenhang gebracht. Und doch hat die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) seit einigen Jahren ein eigenes Programm für nachhaltiges und umweltschonendes Wirtschaften. Das reicht von klima- und flächenschonenden Technologien über den Einsatz ausschließlich erneuerbarer Energie für die Betriebsgebäude und LED-Leuchten bis zu einer eigenen Plattform für Fahrgemeinschaften der Mitarbeiter.

Faulgase abgefackelt

"Wir haben eine Umfrage im Unternehmen gemacht, welche Klimaschutzmaßnahmen wir ergreifen können", erzählt Jan Hendrik Pietsch, der Nachhaltigkeitsbeauftragte der HHLA, "300 Vorschläge kamen zurück." So ist Pietschs Mitarbeitern aufgefallen, dass die Faulgase einer städtischen Kläranlage abgefackelt werden - heute wird damit der Container-Terminal Tollerort emissionsfrei beheizt. Aus aussortierten Lebensmitteln wie etwa Bananen, die nicht in den Handel kommen, wird Biogas erzeugt.

Insgesamt konnte die HHLA ihre CO2-Emissionen seit 1990 um 30 Prozent senken, bis 2015 sollen es weitere zehn Prozent sein. "Obwohl wir nach der Krise im Vorjahr wieder um 20 Prozent mehr Umschlag hatten, blieb der CO2-Ausstoß mit 88.000 Tonnen gleich niedrig", sagt Pietsch.

Elbe wieder sauber 

Hamburg hat die EU-Kommission davon überzeugen können, dass es auch einer Hafen- und Industriestadt möglich ist, "grün" zu sein. Dabei war die Elbe zu Beginn der Ende der 1980er-Jahre eine derart verschmutzte Brühe, dass für sie eine eigene, achte Kategorie bei der Gewässergüte eingeführt werden musste - "ökologisch zerstört". Heute hat der Fluss wieder Badewasserqualität, und die norddeutsche Metropole ist in diesem Jahr "Umwelthauptstadt Europas", hat mit ihrer Bewerbung unter anderem die Ökomusterstädte Stockholm, Oslo und Kopenhagen, aber auch Wien ausgestochen.

Gute Öffis, viele Radfahrer

"Als wir uns bewarben, wussten wir, dass wir gut sind, wir wollten aber schauen, wie es im Vergleich aussieht", sagt Jennifer Wesche von der Behörde für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Es hat sehr gut ausgesehen: Hamburg konnte die EU-Jury mit hohen Umweltstandards in allen zehn Kategorien überzeugen - unter anderem mit einer Senkung des CO2-Ausstoßes um 15 Prozent seit 1990, obwohl die Stadt stetig wächst. Weiters punktete Hamburg mit seinen Öffis - 99 Prozent der Einwohner leben weniger als 300 Meter von einer Bus- oder Bahnstation entfernt. Die Trinkwasserqualität ist hoch, der Verbrauch niedrig und die Einleitungen der städtischen Kläranlagen gehören zu den saubersten Zuflüssen der Elbe.

Auch ökologische Strategien für die Zukunft spielen bei der Vergabe des Titels "Green Capital" eine wichtige Rolle. Die Jury bewertete die Klimaschutzziele der Stadt (Senkung des Kohlendioxidausstoßes um 40 Prozent bis 2020), die Steigerung des Radverkehrs von zwölf auf 18 Prozent und innerstädtische Wohnbauprojekte wie die HafenCity, die die Zersiedelung ins Umland eindämmen sollen, als besonders positiv.

Den letzten Ausschlag für die Entscheidung für Hamburg gab der Train of Ideas - eine mobile interaktive Ausstellung zu BestPractice-Modellen bei Umweltschutz und Stadtplanung -, der heuer insgesamt 18 Städte anfährt. Diese Woche ist der Ausstellungszug in Kopenhagen, danach geht es nach Malmö. Von 20. bis 22. Juni wird der "Train of Ideas" in Wien auf dem Bahnhof Heiligenstadt haltmachen. Die Begründung: Wien habe mit dem "ÖkoKauf"-Konzept , wonach alle Einkäufe der Stadtverwaltung nach Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit getätigt werden, "Vorbildcharakter für andere Städte Europas". (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD Printausgabe, 28.4.2011)