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Die Spargelernte erlebt bis Juni ihre Hochsaison. Stecher verdienen in Österreich in der Stunde rund sechs Euro brutto.

Foto: AP/Winfried Rothermel

Österreichs Bauern gehen kurz vor der Gemüseernte die Arbeitskräfte aus. Die Politik bewilligt tausend Saisoniers weniger als nötig. Die Entlohnung ist mager, die Arbeit hart. Helfer aus dem Osten suchen lukrativere Stellen.

Wien – Verfaultes Obst und Gemüse könne er noch keines präsentieren. In zwei Wochen aber sei es so weit, dann werden Salat und Erdbeeren auf den Feldern liegen bleiben und verrotten, sagt Stefan Hamedinger. Er habe an offene Briefe an den Bundeskanzler gedacht, und daran, Bauern zum Auffahren ihrer Traktoren zu bewegen, grollt

der Chef des österreichischen Gemüsebauverbands. Ein Appell an SP-Sozialminister Rudolf Hundstorfer werde es aber auf jeden Fall. Denn ein Fünftel der Felder seiner Landwirte bleibe diese Saison ungeerntet und damit gut 3000 Hektar. Den Betrieben fehlten nämlich schlichtweg die Erntehelfer.

Vom Spargel bis zu Beeren: Ös- terreicher lassen sich für die Ernte keine anheuern. Vor allem nicht zu Löhnen von brutto rund sechs Euro die Stunde. Hie und da meldeten sich Studenten, nach einem Tag seien sie meist wieder weg, zu schwer und schmutzig sei die Arbeit, erzählt der Marchfelder Spargelbauer Gerhard Sulzmann.

Mehr zu zahlen, könne sich die Branche nicht leisten. Konsumenten forderten billige Lebensmittel, der Importdruck nehme zu, so der einhellige Tenor. Spargel aus Peru etwa duelliere sich in den Töpfen der Wirte mit europäischem. Spanischer dränge ebenso in österreichische Handelsregale wie günstiger deutscher und ungarischer.

Keine Österreicher

Bisher erledigten die Ernte quer durch den Gemüsegarten ausländische Arbeitskräfte. Doch jetzt ist alles anders, sagt Hamedinger. Ab Mai gestehe die Politik der Landwirtschaft ein Kontingent von genau 4700 Saisonniers aus Ländern zu, die nach wie vor Arbeitsgenehmigungen brauchen, Rumänen et- wa, Bulgaren, Ukrainer und Albaner. Notwendig seien jedoch um tausend mehr. Auf dem Tisch liegen die Zahlen erst seit kurzem.

Mitten in der Ernte, um mehr als einen Monat zu spät bekämen die Betriebe Klarheit, klagt Hamedinger. Das Chaos sei perfekt. Familiendramen spielten sich auf einzelnen Höfen ab, weil sie etwa im Mai wie in den Jahren zuvor 50 Ukrainer beschäftigen wollten – jedoch nur zwölf genehmigt bekämen.

Der politische Hintergrund: Ab Mai dürfen Bürger aus den acht neuen EU-Staaten ohne Hürden in Österreich arbeiten. Die Landwirte könnten künftig aus diesen Ländern also theoretisch aus dem Vollen schöpfen. Diese halten das jedoch für Trugschluss. Ungarn, Polen, Tschechen würden sich nun lieber besser bezahlte Stellen suchen – in anderen Branchen und erlernten Berufen. Dumm wäre es, weiter als Erntehelfer zu rackern.

Überqualifiziert sind mehrheitlich auch Arbeiter aus von der Öffnung nicht betroffenen Ländern. Auf Österreichs Spargelfeldern ist der rumänische Englischprofessor keineswegs die Ausnahme.

Die Ernte der begehrten Triebe erlebt von jetzt bis Juni ihren Höhepunkt. Drei bis vier Arbeiter betreuen einen Hektar, deren es 460 österreichweit gibt, 280 davon im Marchfeld. Bis zu fünf Kilo lassen sich in der Stunde händisch ernten. Zwölf Stunden Arbeit pro Tag und bis zu 60 im Monat sind erlaubt. Der Monatslohn beträgt im Schnitt 1000 bis 1100 Euro brutto. Über alle Sorten koste ihm die Produktion eines Kilos 4,5 Euro, rechnet Gerhard Sulzmann vor.

Werner Magoschitz beschäftigt auf seinen rund 70 Hektar in der Saison 180 Mitarbeiter. An heißen Tagen wachse Spargel gerne zehnmal rascher als an kalten, sagt der Obmann der Marchfelder Spargelbauern. Da brauche es flexible Arbeitszeiten, wie etwa in der Gastronomie mit ihrer Sieben-Tage-Woche. Dieses Modell wünsche er sich auch für die Landwirtschaft. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.4.2011)