Zusammen mit Roboter Ludwig sollen Schüler auf Entdeckungsreise gehen. In der 3-D-Welt können allerlei physikalische Phänomene erforscht werden.

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Ludwig ist ein Roboter aus dem Weltall. Nach einer Bruchlandung auf der Erde entdeckt er die hiesigen physikalischen Phänomene. Er lernt, was passiert, wenn Holz verbrennt, und warum ein Ballon fliegt. Er erkennt, wie verschiedene Naturgesetze zusammenhängen. Er experimentiert und löst Rätsel mithilfe seines erworbenen Wissens. Das Erforschen des elementaren Regelwerks der Natur fügt sich im Spielverlauf zu einem Teil des Physikstoffes der fünften bis achten Schulstufen des österreichischen Lehrplans.

Denn Ludwig soll, gesteuert von Schülern, Interesse und Motivation vermitteln. Das gleichnamige Spiel wird vom Wiener Entwicklerstudio Ovos in Zusammenarbeit mit der Donau-Uni Krems entwickelt und soll im Herbst verfügbar sein. Jörg Hofstätter und Jochen Kranzer von Ovos setzen mit ihrem vom Wissenschaftsministerium im Rahmen des Sparkling-Science-Programms geförderten Projekts bei einem der wunden Punkte des Schulsystems an: der vielerorts noch mangelnden Einbettung neuer Medien in den Lernalltag.

"Es ist notwendig geworden, auf die zunehmende Kluft zwischen schulischer und medialer Lebensumwelt der Jugendlichen zu reagieren und die Herausforderung dieser Entwicklung aktiv anzunehmen", steht in einer Studie der Donau-Uni Krems, die sich mit Lernspielen beschäftigt. Dort liest man auch, dass 80 Prozent der Schüler den Einsatz von Computerspielen im Unterricht als wünschenswert empfinden. Schüler haben oft mehr Erfahrung mit neuen Medien als ihre Lehrer.

Es gäbe zwar immer mehr aufgeschlossene Lehrende, dennoch müsse noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, sagt Alexander Pfeiffer vom Fachbereich für angewandte Spielewissenschaften der Donau-Uni. Er und Thomas Wernbacher begleiten die Entwicklung von Ludwig und werden ab Herbst eine Evaluierung durchführen. Ein Spiel wie Ludwig soll, so Wernbacher, Schülern Freiheit zurückgeben. Es soll Raum geben, Wissen selbst zu erarbeiten, zu verstehen und anzuwenden. Die Offenheit des Spielkonzepts animiert Spieler, sich selbstbestimmt mit Inhalten auseinanderzusetzen und so Interesse und Motivation zu generieren. Frühere Konzepte von Lernspielen konnten nur abtesten, ob Antworten richtig oder falsch sind, sie boten serielles Lernen als Vokabel- oder Mathematiktrainer. Für Wernbacher ein antiquiertes Modell. Die zeitgemäße Technik mit ihren komplexen 3-D-Welten bietet mehr Möglichkeiten.

In der Entwicklungsphase beschäfigen sich Schüler und Lehrer mit Vorabversionen des Spiels. Ihr Feedback verändert das Produkt und soll es von Anfang an der Zielgruppe anpassen. Von der Art, wie die Geschichte erzählt wird, über die Einbettung der Lehrinhalte bis hin zum grafischen Stil wird das Spiel im Abgleich mit den empirischen Forschungsergebnissen der Donau-Uni entwickelt. Divergenzen im Zugang zum Spiel zeigen sich am ehesten zwischen Schülerinnen und Schülern und zwischen unerfahrenen und erfahrenen Spielern.

Kritische Spieleveteranen

Weniger geübte Spieler haben etwa Probleme bei der gleichzeitigen Steuerung mit Tastatur und Maus, weshalb nun eine alternative Steuerungsmöglichkeit implementiert wird. Andererseits gehen erfahrene Spieler deutlich kritischer mit dem Spiel um, weil sie sich an der Grafik von Blockbustertiteln orientieren. Schulen sind aber oft nicht gut ausgestattet. Die Software muss auch auf weniger starken Rechnern laufen.

Im Herbst soll die Evaluation starten. Untersucht wird, "inwieweit Transfereffekte in Bezug auf Wissen, Motivation und Interesse vorhanden sind". Gerade bei Schülerinnen, die sich laut Studien im Fachbereich Physik weniger zutrauen, wird man sich ansehen, ob das Interesse nach Einsatz des Lernspiels gestiegen ist.

Spiele werden jedoch klassisches Lernen nie komplett ersetzen können: "Es kann nur so sein, dass man ein Spiel wie Ludwig als Ergänzung einsetzt", sagt Wernbacher. "Die Vielfalt an Unterrichtsmethoden sollte alle Schüler dort abholen, wo sie sich befinden." (Alois Pumhösel/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.4. 2011)