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Das Grundstück im Stadtentwicklungsgebiet "Neu Marx", das dem ORF "angetragen" wird.

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Die Fertigstellung des Media Quarter Marx 3 ist für Ende 2011 geplant.

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Media Quarter Marx 1, 2 und 3.

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57.400 Menschen sind in Wien in der Kreativwirtschaft* beschäftigt. Bei insgesamt 14.000 Unternehmen, die für einen Umsatz in der Höhe von 10,8 Milliarden Euro sorgen. Die Zahlen, die das Ergebnis einer Erhebung zur Wiener Kreativwirtschaft im Auftrag der Wirtschaftskammer sind, scheinen auf den ersten Blick beeindruckend. Dennoch, warnen Experten, sind Jubelchöre fehl am Platz. Die Stadt ist gerade erst dabei, sich als Medienstandort zu positionieren.

Crossmediale Projekte

"Wir sind mit Wien weder Welt- noch Europameister, aber auf einem guten Weg", meint Claus Hofer zum Status quo. Hofer ist Geschäftsführer von ZIT, der Technologieagentur der Stadt Wien, die Unternehmen mit Beratungen und Förderungen unter die Arme greift. "Es gibt viele spannende Dinge, die am Laufen sind", sagt Hofer zu derStandard.at und denkt dabei in erster Linie an crossmediale Projekte, deren Zusammenführung als Aufgabe von ZIT definiert wird.

"Wir wollen Technik und Kreative zusammenbringen." Es brauche den passenden Content, um die technische Hülle mit Leben zu füllen. Als Beispiel nennt er das E-Book und vor allem Lesegeräte, die in Wien entwickelt wurden. "Das Problem ist, dass keiner Bücher wie 'Krieg und Frieden' auf diesen Geräten lesen wird." Viele Innovationen technischer Natur seien zum Scheitern verurteilt, weil der Inhalt fehle, bedauert er.

85 Millionen Euro

Genau an diesem Punkt, so Hofer, komme ZIT ins Spiel: "Am Anfang steht die finanzielle Unterstützung, gepaart mit der Technologieberatung." Über spezielle Förderwettbewerbe, den "Calls", werden als Adressaten Wiener Medienunternehmen subventioniert. Mit dem Ziel, sie im Mediencluster Neu Marx anzusiedeln. Seit dem Jahr 2000, der ZIT-Gründung als Tochterunternehmen der Wiener Wirtschaftsagentur, wurde ein Fördervolumen von 85 Millionen Euro ausgeschüttet. Über 700 Projekte waren die Nutznießer. Die Summen variieren zwischen 35.000 und 250.000 Euro.

Eine Schlüsselrolle, um Wien als Medienstandort zu attraktivieren, spielt das Media Quarter Marx am ehemaligen Schlachthof St. Marx im dritten Bezirk. In der Endausbaustufe werden rund 40.000 Quadratmeter Bürofläche zur Verfügung stehen. Die Fertigstellung des Media Quarter 3 ist für Ende 2011 avisiert. Media Quarter 1 und 2 sind "zu 100 Prozent vermietet", berichtet Hofer. Mehr als 50 Betriebe befinden sich bereits am Areal, Hunderte sollen es einmal werden. Das Konzept: Kleinunternehmen, die sonst nur in Eigenregie unterwegs wären, sollen von den Synergien profitieren, die an einem solchen Ort entstehen. Von geteilter Infrastruktur bis zum Zuschanzen von Aufträgen.

ORF soll seine Koffer packen

Die Vision der Stadt Wien: Bis 2015 sollen in dem Stadtteil bis zu 15.000 Menschen arbeiten. Inklusive jenen, die im dort ansässigen Forschungszentrum Vienna Bio Center tätig sind - und jenen, die noch vom Küniglberg kommen. Das ist zumindest der Wunsch der Wiener Stadtregierung, dessen Realisierung noch in den Sternen steht. Die endgültige Entscheidung, ob der ORF die Option aufs Grundstück zieht, dürfte erst nach der Generalswahl im August fallen. Im Windschatten des großen Zugpferdes sollen sich dann kleinere Produktionsfirmen in Neu Marx gruppieren, so der Masterplan.

Rückendeckung bekommt Wien von der Wirtschaftskammer, die sich klar für St. Marx als zukünftigen ORF-Standort ausspricht. "Es braucht große Unternehmen, die von dort aus agieren", heißt es in einer Stellungnahme gegenüber derStandard.at. Nach dem Vorbild des "Echo-Medienhaus", das mit seinen "Wiener Bezirksblättern" auf Druck der Stadt Wien vom siebenten in den dritten Bezirk verlegt wird.

Neue Medien als Zukunftsmusik

Mit dem Media Quarter folge Wien dem internationalen Trend, wird von Seiten der Wirtschaftskammer betont: Start-Ups, die sich an etablierten Unternehmen orientieren. "Kreativität zieht Kreativität an." Wie das etwa in Deutschlands größtem Technologiepark Berlin-Adlershof der Fall ist. Wien sei etwas später dran und muss sich den Platz in der Nische suchen. Konvergenz als Schlüsselwort: "Wir müssen das Thema Neue Medien noch stärker in die Köpfe bringen."

Für Michaela Gutmann, Geschäftsführerin der Arge "creativ wirtschaft austria", ist Wien im internationalen Vergleich dennoch "sehr gut positioniert", wie sie zu derStandard.at sagt. Laut einer Studie beträgt der Anteil der Unternehmen in Österreich, die zur Kreativwirtschaft gehören, zehn Prozent. In Wien sind es sogar 16 Prozent. Vier Prozent der Beschäftigten sind in diesen Metiers tätig. In Deutschland werden 7,4 Prozent der Firmen und 3,3 Prozent der Erwerbstätigen zur Kreativwirtschaft gerechnet.

"Spiele und Software"

Wien verfüge über ein gut ausgebautes Förderungssystem, so Gutmann, die als Beispiel etwa Anlaufstellen wie "departure" oder "creative space" nennt. Besonders lobend erwähnt sie die Bereiche "Spiele und Software". Diese könnten auch international reüssieren, weil sie per se exportorientiert sind. "Der österreichische Markt ist ja sehr klein." "Sproing" und "Greentube" sind in diesem Segment zwei erfolgreiche Vertreter.

Ein kleiner österreichischer Markt, in dessen Zentrum Wien steht. 44 Prozent aller Erwerbstätigen in der Kreativwirtschaft haben ihren Arbeitsplatz in der Bundeshauptstadt. Wiener Kreativunternehmer sind laut Studie zu drei Viertel männlich, zwischen 40 und 49 Jahre alt, jeder Zweite verfügt über einen Hochschulabschluss. In den Branchen "Software und Games" sind 29 Prozent der Kreativen engagiert, 9000 (16 Prozent) entfallen auf den Werbesektor, 1,4 Prozent auf den Bereich Design. (om, derStandard.at)