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Auch die Jüngsten sollen den Wiederaufbau mittragen. "Wir machen weiter", skandieren die Kids in einem Kindergarten in der Präfektur Fukushima.

Foto: Reuters/Kyodo

Die Regierung in Tokio hat erstmals ihre Pläne für den Wiederaufbau der zerstörten Landesteile präsentiert. Zur Reparatur aller Schäden nach Tsunami, Erdbeben und Atomkatastrophe reicht das Geld bei weitem nicht aus.

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Japans Regierung hat den ersten von mehreren Nachtragshaushalten für den Wiederaufbau der Erdbeben- und Tsunamiregion in Japans Nordosten beschlossen. Mit dem zusätzlichen Geld in Höhe von 33 Milliarden Euro sollen vor allem Reparaturen an Häfen und Straßen sowie der Bau von 100. 000 Übergangswohnungen für die Menschen finanziert werden, die durch den Tsunami oder die Atomkatastrophe ihre Häuser verloren haben. "Mit diesem Budget beginnen wir den Wiederaufbau und den Neustart der Wirtschaft", versprach Finanzminister Yoshihiko Noda.

Schon bei der ersten Tranche handelt es sich um das größte Wiederaufbauprogramm der japanischen Nachkriegsgeschichte. Sie übertrifft die drei Nachtragshaushalte nach dem Kobe-Erdbeben von 1995, bei dem über 6400 Menschen starben, bereits um ein Drittel. Neue Schulden sollen für das erste Programm nicht aufgenommen werden. Weitere Programme werden folgen. Denn die Milliarden können nur einen kleinen Teil der Schäden beheben, die die dreifache Jahrtausendkatastrophe aus Mega-Erdbeben, Tsunami und mehrfachen Reaktorversagen verursacht hat. Das Erdbeben der Stärke 9 auf der Richterskala hatte in mehreren Präfekturen Straßen, Eisenbahnlinien, Wasser-, Strom-, Gas- und Telefonleitungen zerstört. Kurz darauf hatte ein Tsunami sich bis zu 38 Meter die Hügel hinaufgeschoben und auf seinem Weg Häuser, Autos und Menschen mitgerissen. 27.000 Japaner sind entweder tot oder werden vermisst. Allein die Schäden des Tsunami und des Erdbebens beziffert die Regierung auf maximal 210 Milliarden Euro. Dies entspricht fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Eine immer noch mögliche Ausweitung der Atomkatastrophe am Kernkraftwerkskomplex Fukushima II ist in der Berechnung noch nicht einmal berücksichtigt. Dabei dehnt die Regierung nach langem Zögern das Evakuierungsgebiet um die Krisenmeiler immer weiter aus.

Bisher hatten nur die 80.000 Bewohner im 20-Kilometer-Umkreis um die strahlenden Reaktoren ihre Heimat verlassen müssen. Am Donnerstag wurde das Gebiet in einem ersten Schritt zum absoluten Sperrbezirk erklärt.

Zorn auf Kan

Am Freitag folgte dann der Evakuierungsbefehl für weitere 10.500 Menschen, die in den mehr als 20 Kilometer nördlich und nordwestlich der Krisenmeiler gelegenen Ortschaften Iitate, Katsuro, Namie sowie Teilen Kawamatas und Minamisomas leben. Damit folgt die Regierung der Empfehlung der internationalen Strahlenschutzkommission.

Die Bevölkerung reagiert mit wachsendem Ärger. Ministerpräsident Naoto Kan musste sich am Donnerstag bei einem Besuch der Region lautstarke Kritik von Evakuierten gefallen lassen. Auch im Rest des Landes fällt nach Umfragen die Zustimmungsrate zu seinem Kabinett nach einem leichten Zwischenhoch direkt nach dem Erdbeben bereits wieder. Denn die Mehrheit der Menschen fühlt sich in der Atomkrise von der Regierung nicht ausreichend über die Strahlungsgefahren informiert. (Martin Kölling aus Tokio, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24./25.4.2011)