Als Exoten seien sie damals von vielen beäugt worden: eine Handvoll Wissenschafter, die sich Anfang der 1990er-Jahre als weltweite Pioniere an der Technischen Universität Graz mit der Kommunikation zwischen dem menschlichen Gehirn und Maschinen auseinandersetzten. Mitten unter ihnen war eine einzige Frau: Die promovierte Psychologin Christa Neuper, lange die einzige Dame am Institut für Biomedizinische Technik, kam gerade aus der mehrjährigen "Familienpause" zurück.

Von den männlichen Kollegen fühlte sie sich "bei der Arbeit immer voll ernst genommen", erzählt Christa Neuper, die ab 1. Oktober die erste Rektorin in der 426-jährigen Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz sein wird.

Als "positives Rollenmodell für junge Studentinnen" habe sich die weltweit gefragte Neurowissenschafterin aber schon lange vor ihrer Wahl am Dienstag gefühlt. "Ich bin das gerne und freue mich, wenn ich jungen Frauen zeigen kann, dass beides, also Kinder und Forschung, zusammen geht."

Wenn sie heute von "Doppelbelastung" spricht, meint Neuper nicht mehr Familie und Beruf, denn ihre Tochter und ihr Sohn sind bereits 27 und 25 Jahre alt. Vielmehr leitet sie gleich zwei Institute: Seit 2006 jenes für semantische Datenanalyse an der TU und seit 2009 auch noch das größte Institut der Karl-Franzens-Uni, jenes für Psychologie, an dem sie einst studierte. "Obwohl: Belastung ist das keine, ich mache das ja gerne", erzählt die Neo-Rektorin mit einem Lachen in der Stimme.

Bessere Bedingungen für Mütter, aber auch Väter zu schaffen wird für Neuper auch ein Ziel ihrer Amtszeit als Rektorin sein. Sie selbst schaffte den vielzitierten Spagat einst auch nur mit der Mithilfe ihres Ehemannes, wie sie betont.

Ein weiteres Ziel ist die Forcierung der Forschung. Was diese bewirken kann, weiß sie zu gut. Sie war selbst für die Entwicklung für Neuroprothesen für schwerbehinderte Menschen verantwortlich. Mit diesen Prothesen können Hände, Füße oder auch ein Curser am PC mit elektrischer Aktivität des Gehirns gelenkt werden.

Auf Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren will sich Neuper "noch ganz und gar nicht" festlegen lassen: "Es ist jetzt Aufgabe der Politik, faire Gesamtbedingungen für Studierende zu schaffen."

In ihrer seltenen Freizeit hält sich die 53-Jährige am liebsten unter freiem Himmel auf: "Auf Skipisten oder auf dem Golfplatz." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.4.2011)