Innsbruck - Mehr als doppelt so viele Menschen haben im Vorjahr Selbstmord begangen wie es Verkehrstote gegeben hat. Demnach gab es in Österreich 1.280 Suizide, 552 Personen starben im Straßenverkehr, teilte Edelbert Kohler, Abteilungsleiter der Sicherheits- und Kriminalpolizei in der Tiroler Sicherheitsdirektion, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Innsbruck mit.
Im Bundesländervergleich liege die Steiermark bei der Selbstmordrate bereits seit mehreren Jahren an vorderster Stelle. Pro 100.000 Einwohner liege die Rate bei 19,6 Personen, der Österreichdurchschnitt bei 15 bis 16. Die vergangenen zehn Jahre seien Kärnten und Salzburg auf den Plätzen zwei und drei zu finden, erläuterte Eberhard Deisenhammer von der Psychiatrischen Abteilung an der Universitätsklinik Innsbruck. Welche Gründe es dafür gebe, könne er nicht sage. Im Allgemeinen würden aber mehrere Faktoren, wie psychische Erkrankungen, Lebensereignisse, das erbliche Risiko, akute psychosoziale Belastungen oder auch die soziale Eingebundenheit Suizidrisikofaktoren darstellen.
Wien am Schluss, Tirol in der Mitte
Bereits zum zweiten Mal in Folge sei die Bundeshauptstadt mit einer Selbstmordrate von 12,2 Personen an letzter Stelle. "Die Dichte an Ärzten und Psychotherapeuten ist in Wien mitunter höher", nannte Deisenhammer einen Grund. Tirol liege mit einer Suizidrate von 17 Fällen im Mittelfeld. Während im vergangenen Jahr 118 Personen Selbstmord begingen, habe es 39 Verkehrstote gegeben.
"Von den 118 Suiziden sind Dreiviertel (89) Männer, der Rest Frauen", verdeutlichte Kohler die Statistik für Tirol. Die meisten Personen seien im Alter zwischen 41 und 50 Jahren gewesen, die Selbstmordrate sei aber bei den Menschen ab 70 und 80 Jahren am höchsten. Mit knapp 41 Prozent hätten sich die Betroffenen erhängt, gefolgt vom "Sprung aus großer Höhe" (15,3 Prozent).
Ein deutlicher Anstieg sei bei den Suizidfällen bei den unter 20 Jährigen zu verzeichnen. "2008 waren es drei, 2009 zwölf und 2010 bereits 16 Fälle", schilderte Kohler. Der Psychologe konnte darüber nur spekulieren, führte aber die allgemeine Verunsicherung in diesem Alter, den fehlenden Halt in der Gesellschaft, Orientierungslosigkeit aber auch den steigenden Suchtmittelkonsum als Faktoren an. "Suizide sind immer komplexe Geschehen", sagte Deisenhammer. Die Gesellschaft dürfe sich nicht scheuen, Betroffene danach zu fragen, anzusprechen und Hilfe anzufordern. (APA)