Für diejenigen, die im Museum regelmäßig bei alten Landkarten und Stadtansichten hängen bleiben, gibt es jetzt die Möglichkeit, sich eine ausführliche, komprimierte Sammlung früherer Stadtpläne nach Hause zu holen - als Museum im Kleinformat sozusagen. Zu seinem 25. Geburtstag hat der Taschen Verlag nämlich eine Jubiläumsedition des 2008 erstmals erschienenen Schmökers "Städte der Welt" aufgelegt - und mit nur noch 49,99 statt 150 Euro noch dazu stark verbilligt.

Der 500 Seiten starke und rund fünf Kilo schwere Wälzer enthält 363 Farbtafeln mit Übersetzungen der ursprünglich lateinischen Kommentare und zusätzlichen Erklärungen des Autors Stephan Füssel.

Bild: Ansicht von Sevilla

Foto: Historisches Museum Frankfurt

Die Originalausgabe "Civitates orbis terrarum" entstand in den Jahren zwischen 1572 und 1617 in Form von sechs Bänden. Der Theologe und Autor Georg Braun verlegte und kommentierte die Stadtpläne, die Darstellungen stammten zum größten Teil aus der Hand des Kupferstechers Franz Hogenberg. So entstand eine umfassende Momentaufnahme des urbanen Lebens um 1600.

Bild: Ansicht von Vlissingen

Foto: Historisches Museum Frankfurt

Von den großen Verkaufserfolgen um 1600 ermutigt, war Braun stets bemüht, die Sammlung der Stadtpläne zu erweitern, und forderte dabei auch seine Leserschaft zu interaktivem Handeln auf: "Wer aber seine Vaterstadt oder Geburtsstadt in diesen beiden ersten Büchern nicht findet, so möchte ich doch freundlich auffordern, dass er diese nach dem Leben abmalen und mir zusenden solle, dann werde ich sie durch den kunstfertigen Franz Hogenberg artig reißen lassen."

Bild: Ansicht von Damaskus

Foto: Historisches Museum Frankfurt

So kam es auch, dass viele Kupferstiche nicht eins zu eins das Abbild der jeweiligen Stadt wiedergaben - markante Merkmale wie Flüsse, Berge, die Küstenlinie oder wichtige Bauten sind auf den akribischen Zeichnungen aber immer vorhanden. Viele Städte haben sich im Lauf der 400 Jahre natürlich sehr verändert, wie zum Beispiel das damals sehr kleine, an einem See gelegene Mexiko-Stadt auf dem Buchcover (siehe Bild 8). Bei vielen ist jedoch der heutige Charakter bereits klar erkennbar, etwa bei großen Städten wie Paris oder Rom, oder auch kleinen Ortschaften wie Conil de la Frontera im Südwesten Spaniens.

Bild: Ansicht von Paris

Foto: Historisches Museum Frankfurt

Neben der heutigen Bundeshauptstadt Wien und anderen wichtigen Metropolen der einstigen Donaumonarchie wie Brünn oder Lemberg sind auch einige kleinere österreichische Städte darin zu finden, wie zum Beispiel Enns, St. Pölten, Eisenstadt, Innsbruck oder Gmunden.

Bild: Ansicht von Nové Zámky / Visegrád

Foto: Historisches Museum Frankfurt

Interessant ist die farbliche Einheitlichkeit aller Stadtansichten - egal ob Sevilla, Mexiko-Stadt oder Antwerpen: Stadtmauern und Hausdächer wurden rot koloriert, Wasser sowie die Dächer der größeren Gebäude (Kirchen, Schlösser etc.) blau, die umliegende Landschaft außerhalb der Stadtmauern hauptsächlich grün und gelb. Diese Farbgebung passierte aber offenbar ungeachtet dessen, ob die Städte tatsächlich so aussahen, wie sich am Beispiel Zahara de la Sierra zeigt, einer "Stadt, die vornehmlich aus weißen Gebäuden bestand - eine Tatsache, die derjenige, der die Stiche koloriert hat, offensichtlich nicht wusste".

Bild: Ansicht von Hesdin

Foto: Historisches Museum Frankfurt

Die Karten verraten aber nicht nur etwas über die Größe und Aufteilung der Städte, sondern auch einiges über die Lebensweise der Menschen. Im Vordergrund der Kupferstiche wurde häufig die Bevölkerung abgebildet, die in ihrer jeweiligen Tracht beim Handwerk, bei der Feldarbeit oder beim Spazierengehen zu sehen ist.

Bild: Ansicht von Köln

Foto: Historisches Museum Frankfurt

Entfernt man den Papierumschlag des 25,5 x 37 cm großen Buches, leuchtet einem statt des erwarteten edlen Stoffeinbands ein modernes rotes Cover mit einer großen "25" entgegen. Günstiger produziert als so manch andere historische Nachdrucke, vermisst man bei dem Wälzer mitunter das nostalgische Flair. Insgesamt ist es aber eine Freude, in "Städte der Welt" zu schmökern und anstatt Stunden vor dem Bildschirm zu verbringen endlich wieder Stadtpläne angreifen zu können - ein preisgünstiges, historisches "Google Earth" in Papierform. (Jasmin Al-Kattib, derStandard.at, 20. April 2011)

Buchcover: Ansicht von Mexiko Stadt

Braun/Hogenberg: Städte der Welt
Stephan Füssel, Rem Koolhaas; TASCHEN 2011
Hardcover, Schuber, 504 Seiten
49,99 Euro, ISBN 978-3-8365-2683-8

Foto: Historisches Museum Frankfurt