Dr. Massimo Sandal (30) sucht einen neuen Job.

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Kurz vor seinem dreißigsten Geburtstag hatte Massimo Sandal dann endgültig genug von der universitären Forschung. Und weil der italienische Post-Doktorand am Chemieinstitut der Universität Cambridge nebenbei auch einen Blog betreibt, begründete er in einem längeren Eintrag, warum er einer Karriere in der Universität abschwört und endlich mit einem richtigen Leben beginnen will.

Sandal hat mit seinem Text "Goodbye academia, I get a life", einer sentimentalen Abrechnung mit dem akademischen Wissenschaftsbetrieb, fraglos einen Nerv getroffen. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass sein Text, der vor zwei Monaten erschien, bisher mehr als 250 meist zustimmende Postings, E-Mails aus aller Welt und etliche Berichte in Fachzeitschriften und Medien erhalten hat.

Die überraschend heftigen Reaktionen rührten wohl auch daher, dass da einer seinen Ausstieg verkündete, der schon mit fünf Jahren wusste, dass er Wissenschafter werden wollte. "Aber es ist eine Sache, die Wissenschaft zu lieben, und eine andere, Wissenschaft zu treiben", schreibt Sandal und beklagt vor allem die extreme Konkurrenz, die heute unter Nachwuchsforschern herrschen würde.

"Das Problem ist, dass es viel mehr Leute gibt, die es bis ganz nach oben schaffen wollen, als es dort oben Stellen gibt", schriebt Sandal. Und dieser Wettlauf um die wenigen Jobs führe einerseits dazu, dass viele ambitionierte Leute "wirklich sehr gemein werden": Sandal berichtet von Sabotageaktionen und Verleumdungen, denen er selbst ausgesetzt war. Andererseits sei Top-Forschung heute ein 24-Stunden-Job einer Sieben-Tage-Woche. Für ein Leben daneben bleibe keine Zeit.

Sandal kommt zum Schluss, dass er trotz seiner Leidenschaft für die Wissenschaft für ein solches Leben nicht geschaffen sei (wovon zwei gescheiterte Beziehungen, chronische Gastritis und sechs Monate auf Antidepressiva zeugen würden) und zieht die logischen Konsequenzen.

Was aber macht er jetzt, im Leben nach der Uni? Er sei immer noch ohne festen Job, berichtet Sandal auf Standard-Nachfrage. Sein Text habe immerhin bewirkt, dass ihm sein Doktorvater an der Uni Bologna eine Stelle angeboten habe. Doch Sandal habe abgelehnt, weil er Distanz halten wolle zur akademischen Forschung und auch zu Italien, wo akademische Bildung nichts zähle.

Da er Wissenschaft immer lieben werde, sucht er zurzeit im "Silicon Fen" in und um Cambridge nach einem Job bei einer der aufstrebenden Technologiefirmen. Sein jüngster Blog-Eintrag stammt vom 14. April und ebenfalls sehr lehrreich und unterhaltsam. Er handelt von seinen Bewerbungsgesprächen - und warum sie scheiterten. (tasch, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. April 2011)