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Ein kurdischer Demonstrant erledigt in Istanbul seine Bankgeschäfte.

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Istanbul - Die türkische Wahlbehörde hat mit dem Ausschluss prominenter Kurdenpolitiker von der Parlamentswahl im Juni landesweit Empörung ausgelöst. Nach der Streichung von zwölf kurdischen Kandidaten durch den Wahlausschuss brachen am Dienstag in Istanbul sowie im Südosten des Landes gewalttätige Unruhen aus. Die Kurdenpartei BDP drohte mit einem Boykott der Wahl und forderte eine Sondersitzung des Parlaments zur Lösung des Problems.

Der mit der Organisation der Wahlen am 12. Juni beauftragte Hohe Wahlrat in Ankara (YSK) entschied überraschend, die Bewerbungen von insgesamt zwölf parteilosen Kandidaten nicht zuzulassen. Begründet wurde dies mit Vorstrafen der Betroffenen. Sieben der Kandidaten waren von der Kurdenpartei BDP aufgestellt worden, die mit der Nominierung von offiziell unabhängigen Kandidaten die Zehnprozent-Hürde umgehen will, die Parteien anders als Unabhängige überwinden müssen. Unter den abgelehnten Kandidaten ist auch die Trägerin des Menschenrechtspreises des EU-Parlaments, Leyla Zana.

"Faschistische Entscheidung"

"Dies ist eine faschistische Entscheidung. Wir können nicht an einer ungerechten, undemokratischen Wahl teilnehmen", sagte BDP-Chef Selahattin Demirtas dem Nachrichtensender NTV. Es gehe nicht allein um die Kandidatur einiger Leute, sagte Demirtas und warnte vor einem Abgleiten ins Chaos. Die BDP sprach von einer politisch motivierten Aktion, mit der die Kurden aus dem Parlament gehalten und ein Sieg der Regierungspartei AKP im Kurdengebiet gesichert werden solle.

Kritik an dem Ausschluss der kurdischen Politiker kam auch von anderen türkischen Parteien sowie von Parlamentspräsident Mehmet Ali Sahin. Er forderte die Wahlbehörde auf, die Entscheidung noch einmal zu überdenken. Der Chef der größten Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, verlangte eine Sondersitzung des Parlaments, um mit einer Eilentscheidung zur Herabsetzung der Zehnprozent-Hürde der BDP doch noch den Zugang zum Parlament zu sichern.

In der Kurden-Hochburg Diyarbakir gingen rund 3.000 Menschen aus Protest gegen die Entscheidung des Wahlrats auf die Straße. Die Menge bewarf die Polizei mit Steinen, die daraufhin Tränengas und Wasserwerfer einsetzte, wie ein AFP-Reporter berichtete. Auch im osttürkischen Van demonstrierten rund 2.000 Menschen und riefen Parolen wie "Nieder mit der AKP". Einige Demonstranten warfen Molotow-Cocktails auf Behördengebäude und Banken.

In Istanbul setzte die Polizei Pfefferspray ein, nachdem kurdische Jugendliche im Anschluss an einen einstündigen Sitzstreik von rund 3.000 Menschen auf dem zentralen Taksim-Platz Steine und Molotow-Cocktails auf Autos und Büros warfen. Sie riefen demnach Slogans zur Unterstützung der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) und ihres inhaftierten Führers Abdullah Öcalan. (APA)