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Sie alle könnten am Ende den Meisterteller in Händen halten: Ried-Trainer Gludovatz, Rapid-Coach Barisic, Austria-Trainer Daxbacher, RBS-Coach Moniz und Sturm-Trainer Foda (v.li)

Fotos: AP/Joensson, Schaad, Punz; APA/ Rubra,

Während in den wichtigsten europäischen Ligen die Würfel mehr oder weniger gefallen sind, spielt die heimische Fußball-Bundesliga verrückt wie lange nicht. Die 29. Runde kann wie viele Runden davor als Indiz dafür herangezogen werden. So gelang es an diesem Wochenende keinem der fünf Heimteams auch nur einen Treffer zu produzieren (so etwas gab es noch nie), einen Punkt zu holen, geschweige denn einen Erfolg zu feiern. Vor Wochen schien sich bereits eine Vorentscheidung zu Gunsten der konstant punktenden und ziemlich souverän agierenden Wiener Austria abzuzeichnen, als sich die weiteren Titelaspiranten Sturm, RB Salzburg, Ried und Rapid nicht gerade mit Ruhm bekleckerten, schon gar nicht meisterlich stabil präsentierten. Doch nach Runde 29 ist wieder alles offen, haben noch oder wieder fünf Teams gute Chancen den Titel einzustreifen, schließlich stehen noch verflixte sieben Runden aus.

Nach dem 2:0-Heimerfolg gegen Ried und dem 1:0 im Derby bei der Austria schien es, als hätten die Hütteldorfer wieder in die Gänge gefunden und die doch eher peinliche 0:1-Pleite in Mattersburg überwunden, doch dann schlich sich erneut Sand in das damals noch von Peter Pacult geschmierte Getriebe. Es folgte eine Nullnummer gegen den LASK in Hütteldorf, ein dramatisches 3:3 in Graz gegen Sturm und daraufhin ein ernüchterndes 0:2 im Retourspiel in Wien. Derselben Achterbahnfahrt folgten auch die Schlagzeilen, die wöchentlich angepasst, den Grün-Weißen entweder wieder oder endgültig keine Titelchancen mehr bescheinigten.

Mit dem Trainerwechsel, als Zoran Barisic den immer wieder cholerisch wirkenden Pacult ablöste, fand sich neue Hoffnung in Hütteldorf ein, die mit dem 3:0 gegen Wacker eindrucksvoll Bestätigung fand. Prompt spielt Grün-Weiß als Fünfter mit fünf Punkten Rückstand auf den violetten Tabellenprimus wieder eine Rolle im Titelrennen, keimt wieder leichte Euphorie im Westen Wiens. Auch Neo-Interimscoach Barisic hat gefallen, was er zu sehen bekam: "Ich bin zufrieden mit der Leistung, die Mannschaft hat das gut hinbekommen, es war ein erster Schritt." Über einen möglichen Meistertitel will der neue Rapid-Trainer allerdings (noch) nicht reden, das wäre nach den bisherigen Saison-Ergebnissen wohl doch etwas vermessen. Noch dazu kommt auf die Grün-Weißen in den nächsten Wochen noch einiges zu.

Das Restprogramm für Rapid: Magna daheim, Salzburg daheim, Kapfenberg auswärts, Mattersburg daheim, Ried auswärts, Austria daheim und LASK auswärts.

Die Wiener Austria hingegen hat zuletzt an Spielstärke eingebüßt und im Spiel nach vorne plötzlich jenen Spielfluss, Spielwitz und Killerinstinkt vermissen lassen, der sie noch vor kurzem ausgezeichnet hat. Psychologisch betrachtet mag es nicht verwundern, befinden sich doch die Jäger stets in besserer Position als die Gejagten. Seltsam mutet allerdings an, dass noch vor wenigen Tagen alles in bester Ordnung schien und nun nach der 0:1-Heimniederlage gegen Mattersburg plötzlich das Krisengespenst heimlich seine Runden über dem Verteilerkreis dreht. Nach der Derby-Niederlage folgte ein 1:1 in Salzburg, ein 2:0 daheim gegen Kapfenberg und ein 3:3 auswärts und nun der Schock gegen die Burgenländer.

Noch vor einer Woche gab sich Manuel Ortlechner in einem Presse-Interview äußerst optimistisch. "Viele Konstellationen stimmen bei uns. Die Austria befindet sich auf dem richtigen Weg, vieles passt, läuft in die richtige Richtung. Die Zusammensetzung der Mannschaft passt, die Infrastruktur passt, die Stimmung passt, die Kameradschaft passt. Es könnte in den nächsten Wochen die violette Erntezeit werden", so der Austria- und ÖFB-Teamspieler. Die jüngste Analyse von Karl Daxbacher hört sich freilich weniger zuversichtlich an. "Sie haben es uns sehr schwer gemacht und wir haben nicht unseren besten Tag erwischt", so ein zerknirschter Austria-Trainer.

Das Restprogramm für die Austria: Ried auswärts, Magna auswärts, LASK daheim, Sturm auswärts, Wacker daheim, Rapid auswärts, RBS daheim.

Als der große Abstauber könnte sich am Ende der Meisterschaft noch Sturm Graz erweisen. Die Blackies liegen bisweilen nur ein Pünktchen hinter der Austria, haben aber nach dem 2:0 in Hütteldorf eine bittere 0:3-Heimschlappe gegen Salzburg hinnehmen müssen. Für Sturm-Trainer Franco Foda kein Grund zur Panik: "Salzburg war cleverer, sie haben eiskalt ihre Chancen ausgenützt. Wir hatten defensiv einige Schwachpunkte, aber ich habe auch viel Positives gesehen."

Der Zweckoptimismus des Deutschen könnte sich im Finish noch bezahlt machen. Nicht zuletzt deshalb will Foda "jetzt ganz normal weiterarbeiten", zumal er weiß und stets wusste, dass "heuer jeder jeden schlagen kann". Das restliche Programm erscheint auf den ersten Blick vergleichsweise einfach, betrachtet man allerdings die jüngsten Leistungen der einzelnen Gegner wie Magna oder Mattersburg genauer, so möchte man die Grazer dringend warnen, auch nur einen der kommenden Kontrahenten zu unterschätzen.

Das Restprogramm für Sturm: Kapfenberg auswärts, Mattersburg daheim, Ried auswärts, Austria daheim, LASK auswärts, Magna auswärts, Wacker daheim.

Auch die wankelmütigen Bullen aus Salzburg, die Saison für Saison die Bürde des Meisterschaftsfavoriten zu tragen haben und zuletzt mit einem Remis und einer Niederlage gegen den LASK zur Lachnummer der Liga mutierten, haben sich wieder zurückgemeldet. Neo-Bullen-Dompteur Ricardo Moniz nützte die Gunst der Stunde um auf seine Trainer-Fähigkeiten aufmerksam zu machen. Das 3:0 gegen Sturm ist als glasklare Kampfansage zu werten, dass die immer wieder mal lahmenden Bullen mit drei Punkten Rückstand auf die Spitze doch noch ein Wörtchen im Liga-Showdown mitreden wollen und werden.

Gerade recht kam die Leistungs-Explosion von Alan, der gleich dreimal ins Schwarze traf. Beinahe vergessen ist die durchwachsene Zeit unter Ex-Coach Huub Stevens, der mit seinem defensiv-konservativen System nicht den Durchbruch geschafft hat und weit unter jenen Möglichkeiten blieb, die budgetär möglich sein sollten. Moniz appelliert nach dem klaren aber zu hoch ausgefallenen Erfolg auf dem Boden der Realität zu bleiben: "Wir dürfen jetzt nicht zu euphorisch werden. Ich habe gewusst, dass wir, wenn wir hart arbeiten, aus diesem Tief rauskommen."

Das Restprogramm für RBS: Wacker daheim, Rapid auswärts, Magna daheim, Kapfenberg daheim, Mattersburg auswärts, Ried daheim, Austria auswärts.

Die große Unkonstante des Titel-Fünfkampfs spielt SV Ried. Die Elf von Chefstratege Paul Gludovatz feierte seit dem 2:0 gegen den LASK am 19. Februar keinen Sieg mehr, ehe in Wiener Neustadt endlich wieder drei Punkte ins Trockene gebracht werden konnten. Der Herbstmeister sackte nach der Winterpause einigermaßen zusammen, liegt aber mit drei Punkten hinter der Austria und gleichauf mit RBS noch immer ausgezeichnet im Rennen und nach 29 Runden immer noch zwei Punkte vor Rapid.

Die kommenden Aufgaben für die Innviertler sprechen nicht gerade für eine Sensation des heuer überraschenden Underdogs, doch eine nicht unwesentliche Tatsache könnte sich am Ende zu Gunsten der Rieder auswirken, nämlich dass sie ohne Druck und relativ befreit aufspielen können, Wunderdinge darf man sich allerdings unter den gegebenen finanziellen Voraussetzungen keine erwarten. Dennoch sollte die Aussage von Gludovatz weiterhin "den sogenannten Großen hineinpfuschen" zu wollen, Warnung genug sein für die Gegnerschaft.

Das Restprogramm für Ried: Austria daheim, LASK auswärts, Sturm daheim, Wacker auswärts, Rapid daheim, RBS auswärts, Kapfenberg daheim. (Thomas Hirner, derStandard.at, 19. April 2011)