Grafik: DER STANDARD

Wien/Ljubljana - Was bedeutet der Kärntner Ortstafelstreit schon für das Verhältnis zwischen Österreich und Slowenien, wenn es ums schwarze Gold geht. "'Kernölkrieg' zwischen Steirern und Slowenen", titelte die "Kronen Zeitung", "Krisengipfel in Brüssel" die "Kleine Zeitung". Der Casus Belli: Slowenische Ölmühlen wollen ihr Erzeugnis künftig als "Steirisches Kernöl jenseits der Mur" ("Stajersko premursko bucno olje") vermarkten.

Steirisches Kürbiskernöl ist eine geschützte geografische Bezeichnung in der EU. Der Streit hat - buchstäblich - einen harten Kern: Die Slowenen wollen für ihr "steirisches" Öl auch Kerne aus dem Ausland zukaufen dürfen, was die Herkunftsbezeichnung ad absurdum führen würde. Darüber hinaus ist die Auseinandersetzung aber auch symptomatisch für das psychologisch heikle Verhältnis über eine Grenze hinweg, die einmal keine war und spätestens seit dem EU-Beitritt Sloweniens keine mehr sein müsste.

Ähnliche Spannungen haben schon slowenische Winzer jenseits der Mur ausgelöst, weil auch sie ihren Wein "steirisch" nennen - kulturhistorisch und geografisch durchaus berechtigt (siehe Karte). Aber es ist eben eine Sache, in der steirischen Landeshymne noch immer vom "Rebenland im Tal der Drav' (Drau)" zu schwärmen, und eine andere, die slowenischen Nachbarn an der lukrativen Steirer-Marke teilhaben zu lassen.

Man mag die Sache im Vergleich zur Behandlung der slowenischen Minderheit in Kärnten für eine Lappalie halten - der Hintergrund ist sehr ähnlich. Im zähen Widerstand der meisten Kärntner Politiker und eines Großteils der deutschsprachigen Bevölkerung gegen eine großzügige Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln drückt sich noch immer Angst vor einem territorialen Besitzanspruch Sloweniens aus - mehr als 90 Jahre nach der Volksabstimmung und nach sieben Jahren gemeinsamer EU-Mitgliedschaft.

Der heute, Dienstag, beginnende zweitägige Staatsbesuch von Bundespräsident Heinz Fischer in Slowenien hätte die zwischen Klagenfurt und Wien ausgehandelte Ortstafelregelung quasi vor der internationalen Öffentlichkeit besiegeln sollen. Ljubljana fühlt sich ja, wiewohl von Wien nicht anerkannt, als Rechtsnachfolger Jugoslawiens in dessen Rolle als Signatarmacht des Staatsvertrags.

Mit seinem Widerstand gegen die anvisierte 17,5-Prozent-Lösung hat der Rat der Kärntner Slowenen, die größte Minderheitenorganisation, die geplante Inszenierung verpatzt. Schon nachdem der slowenische EU-Abgeordnete und Ex-Außenminister Ivo Vajgl, einstiger Botschafter in Wien, von "albtraumhaften Verhandlungen" und "unerträglichem Druck" auf die Slowenen gesprochen hatte, war die, vorsichtig gesagt, reservierte Haltung Sloweniens klar.

Die offizielle Position Ljubljanas ist, dass man eine Regelung akzeptiert, die von allen Kärntner Slowenenvertretern getragen wird. Das betonte Sloweniens Präsident Danilo Türk auch am Montag wieder in einem ORF-Interview, wobei er implizit auch auf die Zehn-Prozent-Empfehlung des Wiener Verfassungsgerichts hinwies.

In der Person seines Gastgebers begegnet Fischer einem anerkannten Völkerrechtler. Türk hat Wien wiederholt gedrängt, den Staatsvertrag zu erfüllen. Dabei schloss er nicht aus, die Ortstafelfrage mit einer einseitigen Notifikation Ljubljanas vor die Uno zu bringen. Für Österreich wäre das eine internationale Blamage.

Dazu wird es wohl nicht kommen. Aber mit einer unumstrittenen Ortstafellösung im Gepäck hätte Fischer die Reise unbeschwerter antreten können. Und gleichzeitig österreichische Forderungen nach Gleichstellung der deutschsprachigen Minderheit mit den beiden offiziell anerkannten Volksgruppen - Italienern und Ungarn - mit mehr moralischem Gewicht vorbringen können.

Slowenien hat die deutschsprachige Volksgruppe nur indirekt im Kulturabkommen mit Österreich anerkannt, das 2002 in Kraft trat. Schon vor zehn Jahren schrieb die Marburger Zeitung Veèer, die deutsche Minderheit könne man "nur noch auf dem Friedhof finden". In der Volkszählung 2002 gaben 1628 Slowenen (von insgesamt rund zwei Millionen) Deutsch als Muttersprache an. (Josef Kirchengast, STANDARD-Printausgabe, 19.4.2011)