Foto: Standard

Bild nicht mehr verfügbar.

Nicht nur der Hauptbahnhof ist eine Baustelle.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien - Den Totalneubau der Anschlussstelle Landstraßer Gürtel an die Südosttangente (A23) konnten die Grünen nur noch abnicken. Im Wahlkampf hatten sie das Projekt stets als unnötig und viel zu teuer bezeichnet. Nachdem der rote Vorgänger der Wiener Planungsstadträtin Maria Vassilakou bereits alle Vorarbeiten geleistet hatte, blieb dieser nichts anderes übrig, als das 100-Millionen-Euro-Megaprojekt (die Hälfte zahlt die Asfinag) mit freundlicher Miene zu präsentieren.

Bei weiteren Straßenprojekten, die sich im Windschatten der teils untertunnelten und eingehausten A23-Gürtelabfahrt anbahnen, könnte die ökobewusste Stadtpartei hingegen noch eingreifen. Bisher tut sie das allerdings nur sehr zaghaft. Dabei haben es zwei Projekte in sich, unter Anrainern formiert sich bereits Protest. Beim ersten geht es um eine Straße weg von der in eine Großbaustelle verwandelten Kreuzung A23-Gürtelabfahrt, Landstraßer Gürtel und Hauptstraße. An diesem neuralgischen Punkt soll - nach der am Montag offiziell von Stadt Wien und Asfinag in Angriff genommenen "Entflechtung" - eine Verbindung zur Franz-Grill-Gasse (bis zur Arsenalstraße an der Ostbahn) gebaut werden (siehe Grafik).

Die aus städtebaulichen Gründen vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung wurde bereits eingereicht, sie soll im Spätsommer oder Herbst zur öffentlichen Einsichtnahme aufgelegt werden, verlautet aus der Stadtbaudirektion. Was die Straße mit Verlauf entlang längst stillgelegter Bahngleise nächst der Arsenal-Kaserne kosten wird, sei völlig offen, es gebe weder Detailprojektierung noch Querschnittselemente.

Mit der Materie vertraute Personen wollen hingegen wissen, dass die Fertigstellung zeitgleich mit dem Hauptbahnhofgelände 2015 angepeilt wird. Und: Die Spange zur Franz-Grill-Gasse könnte bis zu 60 Millionen Euro kosten. Offiziell bestätigt wird das nicht. Das Projekt würde aber die ständig verstopfte Ghegastraße entlasten, ein baldiger Baubeginn sei daher wünschenswert, heißt es lapidar. Kostenschätzungen seien mangels Detailplanung aber unseriös.

Grünen-Verkehrssprecher Rüdiger Maresch beruhigt, man werde versuchen, mit allen Beteiligten die beste Lösung zu finden.

Apropos Beruhigung: Geht alles durch, würde die zwischen Gürtel und Panzerwerkstätte Arsenal verlaufende Kelsenstraße still gelegt - und der ebenfalls dort domizilierte Möbelmarkt könnte sich ausbreiten. Einen Teil des Kasernenareals hat die Bundesimmobiliengesellschaft BIG bereits im Auftrag des Verteidigungsministeriums an Möbel Lutz veräußert.

Verkehrsuntersuchung

Heftigen Widerstand dürfte auch die Verbindung zwischen der Ghegastraße und dem 10. Bezirk hervorrufen. Sie soll quasi quer über das ehemalige Ostbahngelände zur Landgutgasse führen. Im Bezirk Landstraße sind alle Parteien gegen das Projekt, man fürchtet - wie beim Neubau des Gürtelabschnitts - zusätzlichen Verkehr.

Bei der Beantwortung eines entsprechenden Antrags der Bezirksvertretung, dort keine Durchfahrtsmöglichkeit für den Individualverkehr zuzulassen, blieb die Planungsstadträtin sehr vage: Derzeit werde im Auftrag der Magistratsabteilung 28 von einem Experten eine Verkehrsuntersuchung im Projektgebiet Hauptbahnhof erstellt. Dabei werde auch untersucht, ob und in welcher Weise dem Wunsch nach Vermeidung von Durchzugsverkehr zwischen 3. und 10. Bezirk entsprochen werden könne.

"Wir wollen ein klares Bekenntnis der Stadträtin, dass diese Verbindung nur von öffentlichenVerkehrsmitteln und Radfahrern benutzt werden kann" , sagt der schwarze Bezirksklubobmann Karl Koy. Die Bezirksgrünen hätten versichert, dass sie ihre guten Verbindungen ins Rathaus dafür nutzen würden.

Grün-Mandatar Maresch sieht den Kampf gegen die Gürtelanschlüsse mittlerweile pragmatisch: "Wir hätten die Autobahn nie so weit in die Stadt hineingebaut - das sind halt Altlasten." (Martina Stemmer, Luise Ungerboeck, DER STANDARD-Printausgabe, 19.4.2011)