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Eine Schmuckalge der Gattung Micrasterias. Von Algen aus dieser Gruppe stammen vermutlich alle heute lebenden Landpflanzen ab, wie nun ein internationales Wissenschafter-Team festgestellt hat.

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Die heute lebenden Landpflanzen stammen vermutlich alle von den Vorfahren der Süßwasser-Grünalgen der Gruppe Zygnematales (Schmuckalgen) ab. Zu dieser Erkenntnis kommt die Untersuchung eines internationalen Wissenschafter-Teams. Die Forscher konnten mit ihrer Studie, die im Fachmagazin BMC Evolutionary Biology veröffentlicht wurde, bisherige Annahmen über den Ursprung der Landpflanzen vor mindestens 475 Millionen Jahren widerlegen, wonach Vertreter der Charales (Armleuchteralgen) die nächstverwandte Schwestergruppe der Landpflanzen darstellen.

Ziel der Studie war es, die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Algengruppen aufzuklären, die zu den Landpflanzen geführt haben. Dadurch sollte die sogenannte Schwestergruppe der Landpflanzen identifiziert werden - jene Algengruppe also, deren heutige Vertreter am nächsten mit den Landpflanzen verwandt sind. Dafür untersuchte das Wissenschafter-Team des Botanischen Instituts der Universität zu Köln, des Fritz-Lipmann Instituts in Jena und der Université de Montrèal in Montréal, Kanada, die DNA von vierzig Arten von Grünalgen und Landpflanzen.

Überraschendes Ergebnis

Die Forscher bestimmten dabei die Sequenz von 129 Proteinen. Aus dem Vergleich dieser Proteine von Landpflanzen und Grünalgen konnten sie Rückschlüsse auf die Phylogenie, die Stammesgeschichte, der untersuchten Algen ziehen. "Und dann kam das überraschende Ergebnis heraus, dass nicht die Armleuchteralgen (Charales) sondern die Schmuckalgen (Zygnematales) die Schwestergruppe zu den Landpflanzen sind", so der Kölner Botaniker Burkhard Becker.

Wichtig ist die neue Erkenntnis für die Evolutionsbiologie: "Wenn man die Biologie der heutigen Pflanzen verstehen will, dann kann man sie nur in ihrem evolutionären Kontext verstehen", erklärt Becker. "Die Entwicklungsgeschichte ist wichtig für die Eigenschaften, die die Landpflanzen heute haben." Denn wenn man diese Entwicklungsgeschichte richtig verstehen will, dann muss man wissen, welche Algengruppen am engsten verwandt sind, weil diese Algengruppen eben viele Eigenschaften bereits mitbrachten, die die weiteren Entwicklungen am Land entscheidend beeinflussten.

Zurück zur Einfachheit

Interessant ist die Studie auch, weil sie wieder das weit verbreitete Missverständnis korrigiert, dass die Evolution zu immer komplizierteren Organismen hinführe. Im Falle der Zygnematales-Algen sieht man, dass das dies nicht unbedingt sein muss. "Die heutigen Schmuckalgen sind deutlich einfacher gebaut als die Armleuchteralgen", sagt Becker. "In der Evolutionswissenschaft wird immer häufiger gesehen, dass es eine 'reductive evolution' gibt, bei der es in der Evolution wieder zu einer Vereinfachung der Komplexität gekommen ist." Schmuckalgen sind wegen ihrer schönen Formen schon seit langem, auch bei Amateuren, beliebte Objekte der Mikroskopie.

Die Forscher wollen nun die Frage klären, was diese Gruppen von Algen auszeichnete, dass sich daraus die Landpflanzen entwickeln konnten. Da die Landpflanzen monophyletisch, das heißt nur einmal entstanden sind, sind die Eigenschaften der Schmuckalgen von besonderer Bedeutung, so Becker: "Kann man erklären, warum gerade diese Algengruppe so gut geeignet war, so komplizierte Landpflanzen hervorzubringen und andere nicht?" (red)