Grafik: DER STANDARD

Linz - Wenn Michael Spindelegger demnächst formell zum Vizekanzler bestellt wird, dann darf er sich über eine damit verbundene Gehaltserhöhung freuen: Ein Vizekanzler bezieht in Österreich zehn Prozent mehr als ein Bundesminister, nämlich 17.952 Euro, das sind laut der Gehaltspyramide des Bundesbezügegesetzes 220 Prozent der Bezüge eines Nationalratsabgeordneten (8160 Euro), jeweils 14-mal pro Jahr.

Das erscheint viel im Vergleich zum von der Statistik Austria ausgewiesenen mittleren Einkommen der unselbständig Beschäftigten (vom Lehrling bis zum Generaldirektor) von 1686 Euro bei 14 Bezügen (23.602 Euro im Jahr) - und dennoch scheint kaum jemand den Politikern das Leben, das sie führen, zu neiden.

Eine aktuelle Umfrage des Linzer Market-Instituts ergibt: Nur zwei Prozent der Wahlberechtigten meinen, dass Bundespolitiker ein Leben haben, wie sie es auch selbst gerne hätten. Weitere neun Prozent schielen zumindest auf einige für sie angenehm wirkende Aspekte des Politikerlebens - am ehesten tun das erklärte Anhänger der Freiheitlichen, was mit dem von der FPÖ geschürten Neid auf das politische Establishment zusammenhängen könnte.

Aber zwei Drittel sagen in dieser Umfrage für den STANDARD ganz klar, dass der Politiker-Lebensstil gar nichts für sie wäre, ein weiteres Fünftel schließt sich dieser Ablehnung zumindest weitgehend an.

Skepsis der Gebildeten

Die deutlichste Ablehnung des Politikerlebens kommt aus der höchsten Bildungsschicht, in der etwa vier von fünf Befragten keinerlei Vorbildwirkung darin sehen, wie Politiker leben (müssen).

In dieser Schicht und bei den Selbstständigen gibt es jedenfalls das höchste Verständnis dafür, dass Politiker einem hohen Termindruck unterliegen.

Market-Chef Werner Beutelmeyer: "Man kann aus denDaten insgesamt ein hohes Verständnis für die Probleme des Politikerberufs herauslesen - wirklichen Neid auf 'die da oben' haben wir kaum beobachten können. Die Leute haben ein gesundes Gespür dafür, dass es sich die Politiker nicht einfach gutgehen lassen können."

Anlass für die Umfrage war ja auch, dass es dem Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll augenscheinlich nicht gutgegangen ist. Die Umfrage begann am Dienstagabend, vor Bekanntwerden des Pröll-Abschieds aus der Politik, und endete am Donnerstagmorgen, einige Stunden nach Prölls Rücktrittserklärung.

60 Prozent raten unter dem Eindruck von Prölls Erkrankung, Politiker sollten mehr Vorsorge für die eigene Gesundheit treffen. Am wenigsten stark vertreten FPÖ-Wähler diese Ansicht - dafür sind diese auch am ehesten der Meinung, dass Politiker im Krankheitsfall in Krankenstand gehen können.

Knapp die Hälfte der Befragten meint, dass Politiker unauffällig ein paar Tage Pause machen können, etwa gleich viele verneinen das. Wiederum sind es Menschen mit höherer Bildung, die (möglicherweise aus eigener Erfahrung) wissen, dass das gar nicht so leicht zu bewerkstelligen ist. 55 Prozent sind mehr oder weniger stark der Meinung, dass Politiker kein Privatleben haben können.

Schließlich ließ der STANDARD die Aussage abtesten, dass ein Politiker sich ständig gegen Angriffe wehren muss, was letztlich eine psychische Belastung darstellt. Das sehen laut Market drei Viertel der Österreicher mehr oder weniger stark. Frauen haben in diesem Punkt einen schärferen Blick als die Männer. (Conrad Seidl, STANDARD-Printausgabe, 18.4.2011)