Zuckerlrosa, himmelblau, volle Parkplätze, volle Kassen: Die Krise hat in der Parndorfer Heide keine Spuren hinterlassen. Das Factory-Outlet-Center dort zählt zu den profitabelsten in Europa.

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Das Outlet-Center im burgenländischen Parndorf zählt mittlerweile zu den größten Europas. Während Deutschland noch unterversorgt ist, entwickelt sich im Osten ein Hype um diese Immobilienform. 

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Seit es in Parndorf ein Outlet-Center gibt, ist die nordburgenländische Gemeinde fixer Bestandteil der heimischen Shopping-Landkarte. Seit seinem Start 1998 zogen 26 Millionen Schnäppchenjäger durch die zahlreichen Shops des von McArthurGlen betriebenen Areals.

Selbst die Krise konnte ihm kaum etwas anhaben. Im Gegenteil: Im Geschäftsjahr 2009/2010 ist der Umsatz um 6,9 Prozent gestiegen. 3,4 Millionen Besucher wälzten sich durch die insgesamt 150 Shops. Damit ist Parndorf das größte Outlet-Center Mitteleuropas. "Es ist das drittbeste Center für den Betreiber in Europa", sagt Andreas Ridder, Geschäftsführer des auf Gewerbeimmobilien spezialisierten Beratungsunternehmen CB Richard Ellis (CBRE) Österreich.

Briten führen Ranking an

Gemeinsam mit dem Wiesbadener Forschungsinstitut Ecostra hat CBRE eine Grundlagenstudie zum europäischen Factory-Outlet-Center-(FOC)-Markt 2010 erstellt. Parndorf rangiert in der Liste der erfolgreichsten europäischen FOC auf Platz sechs und konnte sich gegenüber 2009 um acht Plätze verbessern. Auch wenn es an den Spitzenreiter der Studie, dem FOC Bicester Village in der Nähe von Oxford, Großbritannien, das aus der Sicht der Markenhersteller profitabelste Center in Europa, nicht heranreicht. Obwohl Parndorf mit rund 37.300 Quadratmetern zu den größten Europas zählt.

Das Konzept der FOC entstand in den USA, mit dem Hintergedanken, Markenartikelproduzenten die Möglichkeit zu geben, Restware, die sie von den Händlern zurückbekommen, reduziert zu verkaufen. In Europa können Händler die Restware nicht an Produzenten zurückgeben. Deshalb müssen sie versuchen, diese Restbestände selbst zu verkaufen. Das bedeutet, dass man in europäischen FOCs nicht nur Produzenten, sondern oft auch Händler findet.

Günstige Baugründe, günstiges Personal

"Je besser ein FOC ist, desto höher ist auch der Anteil an tatsächlichen Markenartikelproduzenten als Mieter", analysiert das auf Standortfragen spezialisierte Consultingunternehmen RegioPlan. CBRE-Chef Ridder ergänzt: "Einige Mieter fahren die Strategie einer Zweitlinie, die sie extra für FOC entwickelt haben."

Für Markenartikelproduzenten, heißt es bei RegioPlan weiter, wurden FOCs in Europa deswegen interessant, weil die klassischen Vertriebswege - beispielsweise Kaufhäuser - immer mehr an Bedeutung verloren und sogenannte vertikalisierte Handelsunternehmen ihren Siegeszug feierten.

"Für Hersteller kann ein Outlet-Center eine wahre Goldgrube sein", schildert Ridder, "weil es üblicherweise weit weg von Ballungszentren gebaut wird, wo die Baugründe und das Personal günstig sind." Schließlich seien klassische Standortfaktoren - Größe des Einzugsgebiets, gute Erreichbarkeit per Autobahn, adäquate Mieten - für die Standortwahl entscheidender als etwa die internationale Erfahrung der Betreiber, erläutert Ridder. Er bezieht sich dabei auf die Ergebnisse der Studie: "Dabei nimmt die Notwendigkeit für die Marken ab, einen räumlichen Abstand zu den bestehenden Vertriebspartnern in den Haupteinkaufslagen der großen Städte einzuhalten."

Flops und weitere Expansion

Tatsächlich sei die Diskussion rund um das Thema FOC in den vergangenen Jahren sehr emotional verlaufen, sagen die Experten von RedioData, da viele darin eine Bedrohung für den innerstädtischen Handel sahen. FOCs haben aber bisher nur einen geringen Marktanteil: In Österreich und Frankreich sind es weniger als zehn Prozent.

Hohe Dynamik weist der FOC-Markt dagegen in Italien und Deutschland auf: 20 beziehungsweise 40 Projekte gibt es dort aktuell. Dabei soll der Bestand an FOC-Flächen in Italien nahezu verdoppelt, in Deutschland sogar vervierfacht werden. Einen Hype stellen die Analysten in anderen europäischen Ländern fest, etwa in der Türkei oder Spanien. Auch in Osteuropa sind Outlet-Center immer mehr gefragt, da Markenartikelproduzenten und auch Händler wenig Auswahl an hochwertigen innerstädtischen Flächen haben.

Neue Shops zur Jahresmitte

Mit rund zehn Projekten verzeichnet Polen die größte Aktivität, die Türkei hat mit 15 bestehenden Centern die meisten Handelsimmobilien dieser Art in der Region. Bei Senec, eine halbe Autostunde von Bratislava entfernt, soll noch in diesem Jahr ein neues FOC eröffnen. Es soll einen Teil der einheimischen Schnäppchenjäger, die bisher in Parndorf ihr Shoppingglück suchten, wieder in die Heimat umleiten.

Eine Konkurrenz zu Parndorf sieht Ridder nicht: "Parndorf liegt an der Schnittstelle von Ost und West und ist in der Zwischenzeit so gut etabliert, dass es andere Standorte schwerhaben werden." Das gilt auch für Österreich: Das FOC Leoville bei Leobersdorf war ein Flop, und das Outlet-Center in Salzburg läuft sehr langsam an. Probleme, die man in Parndorf nicht kennt: Dort wird weiter ausgebaut. Mitte 2011 sollen 20 bis 25 neue Shops eröffnet werden. (Markus Böhm, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.4.2011)