Teheran - Unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit behandeln die Parlamentarier im Iran seit Tagen eine Gesetzesvorlage, die - falls sie die parlamentarische Hürde passiert - die persönlichen Freiheiten noch mehr einschränkt. Das neue Gesetz hat die NGOs und damit die Zivilgesellschaft im Visier. Nichtstaatliche Organisationen dürften demnach nur noch unter staatlicher Kontrolle gegründet werden beziehungsweise ihre Tätigkeit fortsetzen.

Das Organ, das die NGOs kontrollieren soll, ist ausgerechnet die paramilitärische Basij-Organisation, deren Milizen bei der Unterdrückung der Demonstrationen nach der umstrittenen Präsidentenwahl 2009 eine große Rolle spielten. Nach Ansicht des Regimes haben die NGOs, die vor allem während der Präsidentenschaft von Mohammed Khatami (1997-2005) eine Blütezeit erlebten, entscheidend beim Zustandekommen und der Organisation der Proteste mitgewirkt.

Ein weiterer Dorn im Auge ist den Radikalen, dass Nichtstaatliche Organisationen ein reiches Betätigungsfeld für Frauen bieten: Diese organisieren sich in NGOs, um teilweise sehr erfolgreich ihre Forderungen unter die Menschen zu bringen und durchzusetzen. Unter anderem konnten sie etliche frauenfeindliche Gesetze im Parlament zu Fall bringen.

Bis jetzt durften die NGOs auch Unterstützung aus dem Ausland annehmen und mit Gleichgesinnten im Ausland Kontakt aufnehmen. Nach dem neu vorgelegten Gesetz ist jeder Kontakt zum Ausland ohne staatliche Genehmigung untersagt, und das Informationsministerium muss über NGO-Mitglieder und ihre Tätigkeit informiert werden.

Nach der Gleichschaltung fast aller Medien und dem Verbot aller ernstzunehmenden oppositionellen Parteien und Gesellschaften würde die Einschränkung der NGOs den Iranern noch die letzte Freiheit nehmen.

Um den Schein demokratischer Strukturen im Iran aufrechtzuerhalten, ist jetzt jedoch die Gründung mehrerer Parteien im Gespräch. Sie entstehen auf Initiative von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad und sollen von seinem ehemaligen Bürochef Rahim Mashai spätestens bis Ende Sommer auf die Beine gestellt werden, um für die Parlamentswahlen im Februar kommenden Jahres bereitzustehen.

Medien von Gottes Gnaden

Außerdem sollen in den nächsten Wochen neue konservative Zeitungen auf den Markt kommen. Sie werden zwar vielen arbeitslosen Journalisten eine neue Tätigkeit bieten, aber die Chefredakteure werden von der Regierung bestellt und besitzen keine oder kaum journalistische Erfahrung. Junge, arbeitslose Journalisten sollen mit guten finanziellen Angeboten den unerfahrenen Redakteuren zu Hilfe kommen.

Trotz des massiven Drucks von oben haben sich bekannte unabhängige Journalisten geweigert, bei der Gründung dieser Zeitungen mitzuarbeiten. Das hat ihre Erscheinung verzögert, obwohl das Regime jede Menge Geld hineingebuttert hat. (N. N.* aus Teheran, STANDARD-Printausgabe, 16./17.04.2011)

*Der Name des Autors bleibt aus Sicherheitsgründen ungenannt.