Wien - Die Lebensmittelpreise steigen auf breiter Front. Die Inflation hat im März bereits die drei-Prozent-Marke überschritten, Nahrungsmittel verteuerten sich im Jahresvergleich um 4,1 Prozent. Nach Kaffee, Schokolade, Semmeln und Wein heißt es für Konsumenten nun auch bald für Würstel und Schinken tiefer in die Tasche greifen. Die Wurstindustrie beklagt explodierende Kosten an allen Ecken und Enden und wird in den nächsten zwei Monaten, also mitten in der Grillsaison, die Preise erhöhen. "Unser Kostendruck ist enorm, die Betriebe können das nicht mehr schlucken. Unsere Preise waren jahrelang stabil, aber jetzt geht es einfach nicht mehr", sagte Helmut Schmerker, Obmann des Verbandes der Fleischwarenindustrie.

Wie stark die Preise steigen werden, könne er nicht sagen, das sei je nach Produkt unterschiedlich. Dass der Handel die Preiserhöhung abfängt, kann sich Schmerker nicht vorstellen: "Die werden das bestimmt an die Kunden weitergeben."

In der Fleischwarenindustrie fallen 20 Prozent der Kosten für Material und Energie an. "Allein die Kosten für die Wursthüllen, die für Frankfurter und andere Würstel verwendet werden, sind seit 2009 um 50 Prozent gestiegen", erzählte Schmerker. Die für die Wurstherstellung wichtigen Gewürze Pfeffer oder Muskatnuss seien um über 60 Prozent teurer geworden, Verpackungsfolien und Kartons um 20 bzw. 15 Prozent. Erschwert werde die Situation durch einen Lieferengpass bei Folien. Die Betriebe würden die nötigen Mengen nicht bekommen. Die wenigen Firmen, die die Folien herstellen, würden die Preise ihrerseits in die Höhe treiben - nicht nur wegen dem hohen Ölpreis. Die Teuerung bei den Treibstoffen - im März lag sie bei 21 Prozent - treibe Kosten für Logistik und Fuhrpark nach oben.

Teures Fleisch

Angezogen haben auch die Preise für den wichtigsten Rohstoff Fleisch. "Schweinefleisch ist diese Woche mit einem Plus von fast 20 Prozent so teuer wie seit 2008 nicht mehr", so Reinhard Kainz, Leiter des Koordinationsbüros Fleischwirtschaft in der Wirtschaftskammer. Die Rindfleischpreise hätten sich im Vergleich zu 2010 um rund 15 Prozent erhöht.

Zu schaffen machen Betrieben wie Schirnhofer, Trünkel, Radatz, Wiesbauer oder Messner neben den gestiegenen Kosten die "unmögliche Aktionssituation" im Handel, wie Schmerker es ausdrückte. Jede fünfte Wurst im heimischen Handel werde als Aktionsware verkauft, in manchen Ketten wandere sogar ein Drittel des Wurstsortiments verbilligt über die Ladentische. "Das geht nicht nur auf die Substanz der Unternehmen, sondern vermittelt den Konsumenten auch eine falsche Wertigkeit des Produkts."

2009 haben die Österreicher pro Kopf im Schnitt 66,5 kg Fleisch verdrückt. Diese Menge halte sich seit Jahren stabil. Einen um sich grassierenden Vegetarismus können Schmerker und Kainz nicht feststellen, obwohl sie glauben, dass die Zahl der Vegetarier steigen wird. Dass es mittlerweile mehr Kebapbuden als Würstelstände gibt, stört sie auch nicht. Einzig Tofuwürsten können sie nichts abgewinnen, für Fleischersatz hätte man in dieser Branche kein Verständnis.

Österreichs Fleischwirtschaft besteht aus etwa 1.500 Betrieben, die in Summe rund 15.730 Mitarbeiter beschäftigen. Seit dem EU-Beitritt haben ein Drittel der Unternehmen zugesperrt, die Konzentration am Markt ist hoch. (APA)