Europa ist nicht besonders populär. Zwar wird die EU in Finanzkrisen als Retter in der Not akzeptiert, aber auch das nur widerwillig. Ohne Krise gehört es zum guten Ton, sich gegen die Bevormundung durch Brüsseler Eurokraten und die Einschränkung staatlicher Souveränität zu wehren. Politiker, die ihre nationalen Interessen in Brüssel mutig verteidigen, kehren als Helden nach Hause zurück.

Diese Mentalität, die in den vergangenen 20 Jahren stetig gewachsen ist, hat ganz konkrete Folgen. Vieles, was harmonisiert werden könnte und sollte, ist im Machtbereich nationaler Regierungen geblieben. Daher gibt es keinen Mechanismus, um den Flüchtlingsstrom aus Nordafrika zu regeln - was diesen noch weiter verstärkt. Wegen der völlig fragmentierten Flugsicherung müssen Passagierflieger weiterhin teure Umwege fliegen. Und das Beharren von Staaten wie Italien und Spanien darauf, dass Patente auch in ihrer Landessprache abgefasst sein müssen, verhindert seit Jahren die Schaffung eines europäischen Patents.

Im 21.Jahrhundert müssen Unternehmen ihre Erfindungen immer noch um viel Geld in jedem einzelnen EU-Land registrieren, um sie vor Nachahmung zu schützen. Diese Zusatzkosten hemmen Innovation und Wachstum - vor allem im Vergleich zu Asien. Das kostet Jobs und gefährdet den Wohlstand. Es ist ein hoher Preis, der für die irrationalen Ängste vor einem übermächtigen Europa bezahlt wird.(Eric Frey, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.4.2011)