In Mistelkirchen herrscht Aufregung: Tom Sieberer, der vor Jahren seine Heimat verließ, kehrt als steinreicher Investmentbanker heim. Man erhofft sich Rettung durch den Selfmademan, da Mistelkirchen hoch verschuldet ist: Böse Zungen verbreiten, der Bürgermeister habe sich verspekuliert. Tatsächlich verkündet Tom, der Gemeinde ein Vermögen schenken zu wollen. Doch er hat eine Rechnung mit dem Bürgermeister offen, die beglichen werden muss, bevor der Geldregen niedergehen kann.

Die Komödie Gemein-Wesen oder Der Besuch eines jungen Herren, die letzte Woche im Volksheim Fischamend unter der Regie von Franz Herzog uraufgeführt wurde, evoziert nicht nur im Untertitel Assoziationen mit Dürrenmatts Der Besuch der alten Dame: Bald hüllen sich die Damen in gelbe Tücher, während der Ruf des Bürgermeisters Risse bekommt.

Susanne Rachlers und Franz Herzogs Stück besticht durch inhaltliche Aktualität und spitzzüngigen Humor. Die Fischamender Spielleut hauchen der Gemeinde Mistelkirchen authentisch Leben ein. In der Hauptrolle des cholerischen Bürgermeisters glänzt Karl Schleinzer, Clemens Schleinzer gibt den abgebrühten Tom. Unter den vielen Nebenrollen erfrischt besonders Helga Maidic als Pensionistin Berta Fichtinger.

Die in drei Schauplätze geteilte Hauptbühne und eine Seitenbühne sorgen für Bewegungsfreiheit, Videoeinspielungen holen entlegene Orte ins Volksheim. Angenehm geistreich thematisiert das Stück Gemeindepolitik, Korruption und Finanzwirtschaft, ohne seinen Pointenreichtum zu verlieren. Gesangseinlagen sorgen für Abwechslung, auch wenn manches Lied ein wenig die Ohren malträtiert. In der zweiten Hälfte kippt Gemein-Wesen in die Satire, am Schluss steht ein richtig böses Märchenende. (zeit, DER STANDARD - Printausgabe, 15. April 2011)