Der japanische Atombetreiber Tepco ist zu ersten vorläufigen Entschädigungszahlungen bereit. Das Unternehmen wolle pro Haushalt eine Million Yen (rund 8.000 Euro) zahlen, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo am Donnerstag. Die Regierung habe dies abgesegnet.

Tepco gehört das zerstörte Atomkraftwerk Fukushima Eins, aus dem seit dem Erdbeben und Tsunami Radioaktivität austritt und die Umgebung verseucht. Als Folge müssen viele Landwirte und Fischer in der Region um ihre Existenz fürchten. Rund um die Atomruine wurde wegen der Strahlung eine 20 Kilometer große Evakuierungszone eingerichtet.

Suche nach Toten geht weiter

Japanische Einsatzkräfte suchen unterdessen in Schutzanzügen, Stiefeln und Schutzmasken weiterhin das verstrahlte Niemandsland in unmittelbarer Nachbarschaft des Atomkraftwerks ab. Die Suche nach den Opfern sei mühsam, sagte ein Polizeisprecher. Einige Tote hätten noch in ihren Autos gesessen, die meisten aber seien unter Trümmern begraben. Alle Leichen wurden demnach auf ihre radioaktive Strahlung untersucht. Ist diese zu hoch, müssten sie vor ihrer Aufbahrung sorgfältig gewaschen werden. Laut der Zeitung "Asahi Shimbun" rechnen die Behörden mit rund 1.000 Toten in der Zone. Insgesamt sind knapp 13.500 Tote gefunden worden, mehr als 14.700 werden noch vermisst.

Arbeiten in Akw gehen weiter

Um den Kühlkreislauf für die Unglücksreaktoren wie auch für die Abklingbecken für abgebrannte Brennstäbe wieder in Gang zu bringen, ist es notwendig, verseuchtes Wasser aus dem Tiefgeschoss des Turbinengebäudes herauszuholen. Die Helfer in dem havarierten AKW beeilten sich daher mit Überprüfungen der Auffanganlagen, in denen etwa 30.000 Tonnen gelagert werden können, hieß es weiter.

Die Arbeiter versuchen weiter verzweifelt, die havarierten Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. Sie pumpten am Donnerstag weiter Wasser in die Reaktoren 1 bis 3, wie die Nachrichtenagentur Jiji Press meldete. Um eine mögliche Wasserstoffexplosion in Reaktor 1 zu verhindern, füllten die Arbeiter zudem weiter Stickstoff ein. Unterdessen halten Nachbeben die Menschen in der Katastrophenregion weiter in Atem.

Das japanische Kaiserpaar machte sich inzwischen erstmals auf dem Weg in die Katastrophenregion, um in der Stadt Asahi in der Tokioter Nachbarprovinz Chiba ein Notlager zu besuchen.

Bauern übergaben Protestbrief

Die von der Atomkatastrophe betroffene Landwirte im Umfeld der Atomruine Fukushima hatten am Donnerstag schnelle Entschädigungszahlungen von Tepco gefordert. Mamoru Moteki, Vorsitzender des Zentralverband der landwirtschaftlichen Genossenschaften, übergab Tepco-Chef Masataka Shimizu einen Protestbrief, meldete die Nachrichtenagentur Kyodo.

In dem Schreiben kritisieren die Bauern, Tepco habe sie bisher nicht über die negativen Folgen der radioaktiven Stoffen aufgeklärt und sich nicht bei ihnen entschuldigt. "Das ist völlig inakzeptabel", sagte Moteki. Wegen der radioaktiven Strahlung und den Handelsbeschränkungen für Waren aus der Region müssten Bauern sogar über die endgültige Aufgabe ihrer Höfe nachdenken.

Shimizu zeigte sich von den Problemen der Bauern sichtlich betroffen. "Wir entschuldigen uns für die entstandenen Probleme und nehmen den Protest sehr ernst", sagte der Tepco-Manager.

Regierungschef in Kritik

Unterdessen gerät der japanische Regierungschef Naoto Kan immer mehr in die Kritik. Am Vortag hatte die angebliche Aussage Kans, die 20 Kilometer große Evakuierungszone rund um die Atomruine bleibe für die nächsten zehn bis 20 Jahre unbewohnbar, für Verwirrung gesorgt. Sowohl Kan als auch Außenminister Takeaki Matsumoto dementierten dies später wieder. Man nehme es dennoch ernst, dass dadurch Verunsicherung entstanden sei, sagte Regierungschef Yukio Edano am Donnerstag.

Kans größter innerparteilicher Rivale, der einflussreiche Ichiro Ozawa, warf dem Premier Unfähigkeit im Umgang mit der Krise vor. Kans Mangel an Führungskraft könne zu "weiteren Katastrophen" führen, schrieb Ozawa laut Medienberichten an seine innerparteilichen Anhänger. Manche in der regierenden Demokratischen Partei (DPJ) fordern seit längerem den Rücktritt des Partei- und Regierungschefs.

USA und Südkorea beschränken Importe

Südkorea und die USA verschärfen die Einfuhrbeschränkungen von Lebensmitteln aus bestimmten Gebieten in Japan. Dies berichten die Nachrichtenagenturen Jiji Press und Kyodo am Donnerstag unter Berufung auf Regierungsbehörden. Für Südkorea seien insgesamt 13 japanische Präfekturen von dem Importverbot sämtlicher Lebensmittel betroffen. Das Land reagiere damit auf die Erhöhung der Gefahr nach dem Atomunfall in Fukushima auf die höchste Stufe 7.

In den USA dürfen Kontrolleure ab sofort Gemüse, Obst, Milch und Milchprodukte aus den Bezirken Fukushima, Ibaraki, Tochigi, Gunma, Chiba und Saitama in Häfen und anderen Handelsorten festhalten. Der russische Zoll hat indessen im Hafen von Wladiwostok 49 Gebrauchtwagen aus Japan wegen überhöhter radioaktiver Strahlung beschlagnahmt. Die Strahlung der Fahrzeuge sei sechsmal so hoch wie normal, sagte der Leiter der zuständigen Abteilung der regionalen Zollbehörde, Roman Famin, am Donnerstag. Einige Fahrzeuge hätten Spuren von Caesium-127 und Uran-238 aufgewiesen. (APA)