Veso Sovilj, Mladen Miljanović, Iva Simčić, Radenko Milak und Elio Krivdić. (v.l.v.r.)

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Iva Simčić will das Phänomen der zunehmenden Überlagerung der realen durch die virtuelle Welt in unserer Zeit ausloten.

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Mladen Miljanović beschäftigt sich mit seiner Transformation vom Soldaten zum Künstler.

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Radenko Milak thematisiert die Last der (bosnischen) Geschichte.

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"Die Existenz des bosnischen Künstlers ist ein Wunder", sagt Veso Sovilj, Professor an der Kunstakademie in Banja Luka. Nichtvorhandene Kulturpolitik und mangelnde finanzieller Mittel prägen den Kulturbetrieb ähnlich wie die gesamte bosnische Gesellschaft. "Lediglich eine halbe Konvertible Mark wird pro Einwohner in der Republika Srpska für Kultur ausgegeben", schildert Radenko Milak die Situation in der bosnisch-herzegowinische Teilrepublik. Im Vorjahr kaufte der Staat kein einziges Buch auf. "Auch nicht vorhandene Kulturpolitik ist eine Politik, weil man damit bestimmte Interessen verfolgen kann", betont Sovilj.

"Krieg.Kunst.Krise"

Trotz widriger Umstände gibt es in Bosnien und der Herzegowina eine rege Kunstszene. Einen Querschnitt durch die zeitgenössische Kunst in Bosnien-Herzegowina, zeigt seit dem 13. April KulturKontakt Austria in der Ausstellung "Krieg.Kunst.Krise". Der Kurator, Elio Krivdić, versucht bei seiner Darstellung der Gegenwartskunst die Frage zu beantworten, welche Auswirkungen der Krieg in Bosnien-Herzegowina während der 90-er Jahre auf die dortige Kunstszene hatte. Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten stammen von Edin Numankadić, Veso Sovilj, Iva Simčić, Radenko Milak und Mladen Miljanović.

"Nach dem Krieg haben sich Künstler aus Sarajevo auf internationaler Ebene mit einschlägigen Kriegsthemen präsentiert, so als würde man es von ihnen erwarten. Ich wollte herausfinden, ob die Künstler das wirklich wollen, oder nur machen, weil es von ihnen erwartet wird. Ich bin zum Schluss gekommen, dass viele Künstler das Bedürfnis haben, in der Auseinandersetzung mit dem Kriegsthema ihre Gedanken und Gefühle dazu zu kanalisieren", begründet der Kurator Elio Krivdić den thematischen Schwerpunkt der Ausstellung.

Es hapert an der Repräsentation

Radenko Milak hat grundsätzlich Verständnis für diese Erwartungshaltung und auch dafür, dass die Künstler diese teilweise bedienen: "Der letzte Balkankrieg war die brutalste Auseinandersetzung in Europa seit Jahrzehnten. Meine Generation von Künstlern hat das Bedürfnis, diese Ereignisse zu kommentieren". Das kann auch durch die explizite Ausklammerung der Kriegsthematik stattfinden, wie etwa bei Iva Simčić: Sie hat in einem Bilderzyklus ihre Freunde porträtiert, die ihre gesamte Freizeit mit Videospielen verbringen. Simčić: "Ich wollte diese konfuse Atmosphäre einfangen, in der die Akteure eine totale Desintegraton erleben". Die Hyperproduktion von Freizeit sei eben auch ein Resultat einer impotenten Politik des bosnischen Staates, kommentiert Milak die Arbeit seiner Kollegin und betont, dass auch die Auseinandersetzung mit einem scheinbar apolitischen Thema eine politische Dimension aufweist.

Mit der Zusammenarbeit unter Kollegen sind die Künstler trotz bürokratischer und institutioneller Hürden zufrieden. Sovilj unterrichtet als Professor an der Kunstakademie in Banja Luka viele Studierende aus der Moslemisch-Kroatischen Föderation und auch Miljanović berichtet von positiven Erfahrungen und einer Normalität im Umgang miteinander: "Es hapert an einer gemeinsamen Repräsentation Bosniens als Ganzes, die übergreifenden Institutionen funktionieren nicht. Aber im künstlerischen Kontext gibt es keinen Antagonismus unter Kollegen. Ich selbst habe mehr Ausstellungen in Sarajevo als in Banja Luka gehabt."

Eine in Wien ausgesellte Arbeit von Sovilj stellt die Isolation Bosniens anschaulich dar. Der Umriss von Bosnien und Herzegowina wird mit der folgenden Aussage übertitelt: "Die Kunst aus Bosnien und Herzegowina ist innerhalb der Grenzen von Bosnien und Herzegowina." Sovilj: "Es ist unvermeidlich, dass der Künstler sich durch die Sprache der Kunst engagiert." (Mascha Dabić und Olivera Stajić, 14. April 2011, daStanadard.at)