Jerusalem - Der israelische Generalstaatsanwalt hat die Erhebung einer Anklage gegen Außenminister Avigdor Lieberman wegen Betruges, Geldwäsche sowie Veruntreuung empfohlen. Der 52-Jährige wird außerdem der Einschüchterung eines Zeugen verdächtigt. Das teilte Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein am Mittwoch in Jerusalem mit. Demnach soll Lieberman während seiner Zeit als Abgeordneter und Minister in der Zeit von 2001 bis 2008 mehrere Millionen Dollar von Geschäftsleuten über Scheinfirmen erhalten haben.

Lieberman und dessen Anwälte haben jetzt mehrere Monate lang Zeit, die Vorwürfe und Beweismittel zu prüfen. Der 52-Jährige hat danach das Recht auf eine Anhörung, um die drohende Anklage noch zu verhindern. Im Fall einer Verurteilung droht ihm allein wegen Geldwäsche eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.

Lieberman, gegen den seit 1996 mehrere Ermittlungen liefen, bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und bezeichnete diese als politisch motiviert. Er hat seinen Rücktritt als Außenminister angekündigt, falls er angeklagt werden sollte. Der Vorsitzende der ultra-nationalistischen Partei Yisrael Beitenu (Unser Haus Israel) ist unter anderem wegen seiner Polarisierung sowie Aussagen über den Friedensprozess und die arabische Minderheit in Israel sehr umstritten.

Die Ermittler werfen dem Politiker nach Medienberichten vor, während seiner Zeit als Verkehrs- und Infrastrukturminister von Geschäftsleuten umgerechnet rund zwei Millionen Euro Bestechungsgelder erhalten zu haben. Das Geld soll über sechs bis acht Scheinfirmen und Auslandskonten geflossen sein.

Die politischen Auswirkungen sind noch nicht abzusehen. Lieberman will nach Medienberichten bis zu seiner Anhörung im Amt bleiben. Sollte er im Fall einer Anklage gemeinsam mit den anderen 14 Abgeordneten seiner Partei die Regierungskoalition verlassen, hat Ministerpräsident Benjamin Netanyahu keine Mehrheit mehr.

Netanyahu müsste dann versuchen, die größte Oppositionspartei - die in der politischen Mitte angesiedelte Kadima-Partei von Ex-Außenministerin Tzipi Livni - in die Regierung zu holen. Sollte dies nicht gelingen, steht Israel vor Neuwahlen.

Im vergangenen Monat war der frühere israelische Präsident Moshe Katzav wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung während seiner Amtszeit als Tourismusminister in den 90er Jahren und während seiner späteren Präsidentschaft zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Katzav will das Urteil vor dem Obersten Gericht anfechten. (APA)