Brüssel/Washington - Der Kampf gegen globale wirtschaftliche Ungleichgewichte geht in die nächste Runde. Beim Treffen der führenden Industrienationen G-20 am Donnerstag und Freitag in Washington soll festgelegt werden, wie künftig große Kapitalflüsse verhindert werden können. Doch die Einigung zwischen Ländern mit Überschüssen (wie China und Deutschland) und Defiziten (wie die USA) gestaltet sich schwierig. Mit niedrigeren Ungleichgewichten erwarten Ökonomen und die Verhandler der G-20, dass das globale Wachstum krisenfester werden wird.

Jean Pisani-Ferry plädiert im Gespräch mit dem Standard für einen internationalen Konsens zu Kapitalverkehrskontrollen. Der Leiter der Denkfabrik Bruegel in Brüssel geht davon aus, dass die Positionen von Schwellenländern und Industrienationen bei dem Gipfel der G-20 näher beieinander liegen als öffentlich kommuniziert. "Die Schwellenländer begreifen, dass wir einen weitreichenden Kompromiss brauchen", so Pisani-Ferry. Die chinesische Führung würde angesichts der hohen Inflationsraten begreifen, dass die Politik, den chinesischen Yuan niedrig zu halten, negative Nebenwirkungen habe. Es sei überzogen, vor Währungskriegen zu warnen, so Pisani-Ferry.

Der Fortschritt war zuletzt aber mühevoll. China etwa hat Pläne zurückgewiesen, Währungsreserven als Indikator für Ungleichgewichte zuzulassen. Zudem betonten chinesische Verhandler vor dem G-20-Gipfel, dass man keinem "politischen Instrument" zustimmen werde, das das Wachstum in China eindämmen könnte. Aus französischen Verhandlungskreisen (das Land hat 2011 den Vorsitz der G-20 inne) hieß es jedoch, man werde sich diese Woche auf eine Methodologie einigen können, um künftig globale Handelsungleichgewichte zu messen und zu steuern.

Streitpunkt Kontrollen

Pisani-Ferry betonte aber, dass ein Konsens über Kapitalverkehrskontrollen leichter zu erzielen sei. Zuletzt führten etwa Brasilien, die Türkei oder Korea Steuern oder andere Gebühren ein, um den Zufluss an Kapital zu mindern. Sie wehrten sich zuletzt gegen eine internationale Harmonisierung, um den nationalen Handlungsspielraum nicht einzuschränken. (sulu, Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.4.2011)