Roland M. Kreutzer.

Foto: Privat/Kreutzer

Die Fairness-Debatte rund um Blocker lasse ich diesmal bewusst aus, denn eine zweite Sache kommt mir in den diversen Foren immer häufiger unter, wenn es um das Thema Werbung geht. Es wird die Wirkung negiert, die Werbung haben sollte. Was soll der Banner schon bringen, deswegen verkauft ein Anbieter auch nicht mehr...

Soll also all das, was die letzten Generationen an Marketing-Experten erfolgreich gemacht haben, seit dem Aufkommen des Internets keine Gültigkeit mehr haben? Klar, die "alten" Medien haben durch das Internet an Bedeutung verloren. Auch klar, dass im Internet neben der klassischen Werbung auch ein Bereich existiert, der nur den Verkauf als Ziel hat und z.B. bei Suchmaschinen ansetzt. Aber das kann auch nicht alles sein.

Offensichtlich wurde mir das an diesem Wochenende gleich dreimal. Da war der Bekannte, dessen geniales Produkt im Onlineshop verkauft werden soll. Käufer gibt es sicher dafür, wenn sie nur wüssten, dass es das Produkt gibt. Aktiv danach suchen werden sie nicht, eben weil sie es nicht kennen. Es braucht klassische Werbung, um das Produkt bekannt zu machen und beim Gedanken daran auch zur richtigen Website zu gehen, denn Nachahmer gibt es da sicher bald.

Facebook-Fanseiten

Und dann war da noch die Diskussion um zwei Facebook-Fanseiten. Die eine geht ab wie eine Rakete, ohne dass Inhalt und Aufwand existiert. Vier Monate, 25.000 Fans - und der Inhalt ist ein an sich unspektakuläres Produkt. Die andere dümpelt trotz Anzeigen in Facebook, gutem Inhalt, Interaktion mit dem Betreiber etc. bei unter 500 Fans dahin. Der einzige Unterschied: Erstere Marke wurde schon lange beworben, ist damit bekannt und steht für etwas. Werbung also.

Ein drittes mal hat mich mein Sohn verblüfft. Unser Haushalt ist weitgehend TV-frei, bis auf ein paar Nachrichtensendungen so nebenbei wird er nur seine geliebten Autorennen und DVDs mitbekommen haben. Zeitung "lesen" kommt auch häufig vor, mit 5 blättert er aber mehr durch wenn Papa auch gerade dabei ist. Und natürlich das Internet (da gibt es tolle Spiele für Kinder). Geringer Medienkonsum also, trotzdem war er es, der bei der Suche nach dem (etwas versteckten) Möbelhaus das Logo aus der zweiten Reihe im Auto erkannt, zugeordnet und damit gefunden hat. Er nannte die korrekte Marke aufgrund des beworbenen Logos, wusste, dass es da Möbel gab und ersparte mir eine noch längere Suche nach dem Haus. Werbung.

Was nicht sofort verkauft, gilt nicht...?

All diese Fälle zeigen, dass Werbung enorme Wirkung hat und für die Werbenden gebraucht wird. Auch dann, wenn nicht der sofortige Verkauf Ziel der Aktion ist. "Ich schau mir keine Werbung an" ist dabei auch kein Indiz für fehlende Werbewirkung - wir befragen User laufend nach ihrem Empfinden zu Werbung und erkennen nur einen geringen Zusammenhang zwischen Werbeerinnerung und anderer Wirkungs-Parameter sowie dem aktiven Ansehen von Werbung, das die User subjektiv angeben. Selbst bei den erklärten Verweigerern zeigt sich die erwünschte Werbewirkung in fast dem kompletten Ausmaß.

Apropos Messung: Werbewirkung lässt sich auch abseits des Abverkaufs ganz gut messen, auch wenn die Methoden da deutlich über die Frage an Kunden hinausgehen, wo sie auf ein Produkt aufmerksam wurden. Man kann aber selbst in der Häufigkeit von Suchanfragen und der qualitativen wie quantitativen Foren-Nutzung (auch im Social Web) einen direkten Zusammenhang zu Werbekampagnen sehen. Und wer es weiter treibt (große Werbe-Spender tun das immer!), kann das Modell der Werbewirkung sehr gut hinterfragen - die Werbewirkung also bestätigen.

Werbung ist ein Investment, Werbewirkung ist eine Realität. Kurzfristige und langfristige Effekte werden nicht nur durch meine akuten Erlebnisse bestätigt, sondern auch durch Erkenntnisse aus Studien, begleitete Kampagnen und täglich immer wieder aus meiner Praxis. "Werbung wirkt nicht" lasse ich nicht gelten. Meine kurze Formel: Ob sie richtig und wie gewünscht wirkt, liegt in der Hand des Werbenden, wie stark sie wirkt, hängt von der Dicke des Geldbörserls ab. Und: Seit dem Internet wirkt sie gezielter als je zuvor. (derStandard.at, 13.4.2011)