Platten, Platten, Platten: Am Samstag begehen fünf Plattenläden in Graz und Wien den internationalen Record Store Day.

Foto: Christian Fischer

Wien - Mütter haben einen, Väter, Kinder, Murmeltiere, die Milch, der Apfel, Sparefrohs - alle haben sie einen eigenen Tag. Seit 2007 freuen sich auch Schallplattenläden über einen eigenen Ehrentag: den Record Store Day, der jeden dritten Samstag im April begangen wird.

Ins Leben gerufen wurde er 2007 von Chris Brown, einem langhaarigen Ziegenbartträger mit Brille, der in den US-Bundesstaaten Maine und New Hampshire eine Kette von Plattenläden betreibt und dem schleichenden Tod dieser Shops etwas entgegensetzen wollte. Schließlich erfreut sich ausgerechnet die Schallplatte als oft totgesagtes Medium seit einigen Jahren wieder verstärkter Nachfrage.

Was als kleine Initiative begann, wuchs sich in wenigen Jahren zu einem globalen Feiertag aus, an dem sich immer mehr private Plattenläden mit speziellen Angeboten als soziale und kulturelle Treffpunkte in Erinnerung rufen - und als Gegengift zum reinen Online-Shopping.

Fünf heimische Läden zelebrieren den Record Store Day mit: Substance, Rave Up und der Record Bag in Wien, Ein:klang und Inandout Records in Graz. Großhandelsketten oder reine Online-Anbieter sind vom Record Store Day ausgeschlossen.

Unterstützung für ihre Mission bekommen die Initiatoren von der Musikindustrie, die mittels Spezialpressungen ihr Scherflein beiträgt, sowie von Musikern und Bands. Mainstream- und Underground-Stars stellen eigens produzierte Werke zur Verfügung.

Natürlich geht es an diesem Tag um den Umsatz, aber eben auch um ein Lebensgefühl, von dem viele Musiker und Fans sozialisiert wurden: Im Plattenladen stöbern, Probe hören, fachsimpeln. Sogar einen eigenen Paten hat der Record Store Day: Ozzy Osborne, der Fürst der Finsternis, fungiert heuer als Schutzengel.

Die Attraktionen sind vor allem die nur an diesem Feiertag und nur in den teilnehmenden Geschäften zu bekommenden Editionen an Vinyl-Artefakten: Singles, LPs bis hin zu Boxsets, allesamt nur in streng limitierten Auflagen erhältlich.

Das ruft natürlich Geschäftemacher auf den Plan. Ihnen begegnen die Verantwortlichen des Record Store Day mit einer strikten Verkaufs- und Lieferpolitik, die derlei Praktiken verhindern sollen - und es wurden schon wieder Plattenläden vom Record Store Day ausgeschlossen, weil diese die ihnen gelieferte Ware nicht im Shop, sondern um viel Geld online verkauft haben.

War es bisher für nicht in den USA oder in England ansässige Läden schwierig, Kontingente dieser Schätze zu bekommen, vermelden die teilnehmenden heimischen Läden, dass heuer jede Menge Goodies bereitstehen werden - nicht alle, aber viele. Zusätzlich locken manche Shops an diesem Tag mit Rabatten auf Schallplatten, das Substance wartet mit einer exklusiven Pressung der Linzer HipHop-Formation Texta, sogar mit einer eigenen Record-Store-Day-Single auf.

Live-Musik bietet das Wiener Record Bag. In dem auf "Music & Fashion" spezialisierten und von einer Frau geführten Laden nahe der Mariahilfer Straße treten ab 15 Uhr die Bands Diver, Freud sowie der Songwriter Christian Wirlitsch auf. Und das Grazer Inandout Records öffnet seinen Keller für das Publikum, räumt seine Auslage frei und funktioniert sie zur Bühne für sechs Bands um.

Das alles wegen großer und kleiner schwarzer Plastikscheiben mit einem Loch in der Mitte. (Karl Fluch/DER STANDARD, Printausgabe, 13. 4. 2011)