"Weisungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie etwas in der Sache weiterbringen", sagt der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter im derStandard.at-Interview. Welche Weisungen richtig wären und was sich die SPÖ von einem Generalstaatsanwalt erwartet, erzählte er Marie-Theres Egyed.

***

derStandard.at: Wie beurteilen Sie die Weisungen, die Justizministerin Claudia Bandion-Ortner gestern erteilt hat?

Kräuter: Das sind meiner Einschätzung nach nicht die richtigen Zielsetzungen. Eine richtige Weisung wäre die Vorgabe an die Staatsanwaltschaft die Höhe und Herkunft sämtlicher Grasser-Einkünfte zwischen den Jahren 2000 und 2010 festzustellen. Das wäre eine Weisung, wie ich sie mir vorstellen würde. 

derStandard.at: Erst letzte Woche haben Sie in den Medien eine Weisung der Justizministerin in der Causa Eurofighter gefordert. Woher kommt der Sinneswandel? 

Kräuter: Ich kann hier keinen Sinneswandel erkennen. Die Weisung von Bandion-Ortner, dass jede Woche in ihrem politischen Kabinett über die politisch brisanten Fälle berichtet wird, halte ich für äußerst fragwürdig. Weisungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie etwas in der Sache weiterbringen. Im Eurofighter-Fall habe ich Kontenöffnungen bei Rumpold, Steininger, Wolf und Mensdorff-Pouilly gefordert. 

derStandard.at: Gegen das Instrument der Weisung haben sie nichts, nur wie sie von Bandion-Ortner eingesetzt wird?

Kräuter: Weisungen sind nur die zweitbeste Lösung. Die beste Lösung im Interesse einer unabhängigen Justiz ist ein Generalstaatsanwalt, der unabhängig vom Parlament bestellt wird und nur dem Nationalrat verpflichtet ist.

derStandard.at: Dass Bandion-Ortner ihr Weisungsrecht genutzt hat, kritisieren Sie nicht?

Kräuter: Das wird sich zeigen, ich bin sehr skeptisch. Die Vorgangsweise der Ministerin wird jedenfalls das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz nicht stärken können. 

derStandard.at: Bundeskanzler Faymann ist anderer Meinung: Er hat heute nach dem Ministerrat gesagt, dass er das Vorgehen von Bandion-Ortner akzeptiere und unterstütze.

Kräuter: Wir sind durchaus einer Meinung. Grundsätzlich soll das Instrument der Weisung zum Einsatz kommen, wenn dadurch Fortschritte in der Strafverfolgung möglich sind. 

derStandard.at: In der Vergangenheit haben Sie aber auch die Abschaffung des Weisungsrechts gefordert. 

Kräuter: Zu Recht, die Einsetzung eines Generalstaatsanwaltes ist schon lange die justizpolitische Zielsetzung der SPÖ in diesem Bereich. Das hat auch der Bundeskanzler in dieser Form unterstützt. 

derStandard.at: Gibt es dazu konkrete Pläne?

Kräuter: Die Diskussion ist im Fluss, man wird sehen, was dabei herauskommt. Der Koalitionspartner ÖVP will das eher nicht, aber für die SPÖ ist ein Generalstaatsanwalt die optimale Lösung. 

derStandard.at: Wie stellen Sie sich einen Generalstaatsanwalt vor, gibt es ein internationales Modell an dem sich die SPÖ orientiert? 

Kräuter: Nein, es muss nicht immer von ausländischen Vorbildern entlehnt werden. Es muss eine allgemein anerkannte Persönlichkeit sein. Sie soll vom Parlament mit Verfassungsmehrheit für sechs bis acht Jahre in einer einzigen Amtsperiode bestellt werden und nur gegenüber dem Nationalrat verpflichtet sein.

derStandard.at: Ist Ihre Kritik an Bandion-Ortners Vorgehen exemplarisch für den Zustand der Koalition?

Kräuter: Die SPÖ hat was die Staatsanwälte betrifft eine andere justizpolitische Auffassung. 

derStandard.at: Bandion-Ortner will mit diesem Vorgehen das Vertrauen in die Justiz wieder stärken. Welche Maßnahmen fänden Sie sinnvoll, um das Vertrauen in die Justiz wiederherzustellen?

Kräuter: Ich glaube, dass an der Spitze der Weisungspyramide eine unabhängige Persönlichkeit stehen soll. Dann ist das Vertrauen am besten gewährleistet. Auch bei den aktuellen Ermittlungen in den Fällen mit Politprominenz lautet das Zauberwort „Unabhängigkeit". 

derStandard.at: Wie bewerten Sie die Performance von Bandion-Ortner und die aktuelle Justizpolitik?

Kräuter: Das muss die Bevölkerung beurteilen. (Marie-Theres Egyed, derStandard.at, 12.4.2011)